Brandt auf Geiselmission „Er wollte allein fahren“

■ Kohl wünscht „Erfolg“/ Belgischer Politiker wirft Brandt bewußten Alleingang vor/ Fünfzehn freigelassene Strabag-Techniker zurückgekehrt

Berlin (taz) — Trotz der internationalen Kritik an Willy Brandts „Alleingang“ ist der 76 Jahre alte SPD-Ehrenvorsitzende und Friedensnobelpreisträger gestern mit einem leeren Airbus nach Bagdad gestartet. Seine Begründung ließ seine Ziele doppeldeutig offen: Es gehe um die „Fürsorgepflicht für die eigenen Landsleute“, sagte er, verhandeln wolle er nicht. Noch 366 Deutsche werden als Geiseln im Irak festgehalten, nachdem die 15 Strabag- Techniker aus dem Irak gestern auf dem Frankfurter Flughafen angekommen sind.

Natürlich geht es Brandt auch darum, Auswege aus der scheinbar ausweglosen Lage in der Golfkrise zu erkunden: „Und da bin ich eben gespannt, zu hören, was in dem Kopf des Mannes vor sich geht, der dort der entscheidende Faktor ist.“ Ein Sprecher des Irak bekräftigte derweil, daß es um einen Rückzug aus der „19. Provinz des Irak“ keine Verhandlungen gebe.

Helmut Kohl hatte, wie aus dem Kanzleramt verlautet, „keine andere Wahl“, als Willy Brandt „Erfolg“ zu wünschen. Der belgische Politiker De Clercq, der mit Brandt reisen sollte, warf Brandt vor, aus innenpolitischen Gründen einen Alleingang durchzuziehen: „Er will allein reisen“. TAGESTHEMA SEITE 3