Die »Schweinemensa« ist vorerst kaltgestellt

■ FU-StudentInnen halten Heizungszentrale des autonomen StudentInnenprojektes »Schweinemensa« besetzt/ Bisher ist kein neuer Vertrag abgeschlossen worden/ Letzter im StudentInnenstreik von 1989 erkämpfter Freiraum darf nicht verloren gehen

Dahlem. Die StudentInnen aus der »Schweinemensa« der Freien Universität (FU) fühlen sich kaltgestellt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Seit Monaten liegt ihre Arbeit in den Projekten im autonomen StudentInnenzentrum brach, weil ihnen im Juli schon der Versorgungshahn abgedreht wurde. »Wenn dir vor Zittern die Kaffeetasse aus der Hand fällt, dann bist du mit Sicherheit in der Schweinemensa«, heißt es zynisch in einem Protestbrief an Kurt Zegenhagen, Leiter des Präsidialamtes, der diese Maßnahme damals veranlaßt hat. Um Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen zwischen FU- Verwaltung und StudentInnen zu bringen und nicht zuletzt, weil die Kälte auch dem Härtesten dort bald an die Nieren geht, besetzten letzte Woche VertreterInnen des Gesamtplenums die Heizungszentrale.

»Die versuchen das ganze Projekt langfristig stillzulegen«, befürchtet Peter S. von der Wohnungsnotinitiative. Nicht ganz unbegründet. Im August lief der Nutzungsvertrag zwischen dem AStA und der FU- Verwaltung aus. Die Versuche, einen neuen Vertrag abzuschließen, sind bislang alle gescheitert. Aus bürokratischen Spitzfindigkeiten und ewigen Terminschwierigkeiten bei den Zuständigen, meinen die StudentInnen. Weil die Vertragsentwürfe des AStA und der Nutzer nicht akzeptabel gewesen seien oder gar keine Konzepte vorlagen, behauptet die FU-Verwaltung. Wechselseitige Schuldzuweisungen bestimmen die Fronten.

Tatsache jedoch ist, daß Kurt Zegenhagen schon vor Ablauf der Vertragsfrist im Juli Strom und Wasser abstellen ließ und im August das Heizungsrohr abmontiert wurde. Gleichzeitig aber wurde der erste Entwurf eines Konzeptes vom alten AStA dem Präsidialamt übergeben, erzählt Jörg J. vom Sozialreferat. Durch die Wahl des neuen AStA — nur den akzeptiert die FU als Verhandlungspartner — verzögerten sich die Gespräche, obwohl das »Schweinemensagesamtplenum« versuchte, diese mit weiteren Vertragsvorschlägen fortzusetzen. »Einerseits wollen sie angeblich Verhandlungen mit uns führen, gleichzeitig aber schaffen sie Tatsachen, die diese behindern«, wirft Peter S. der FU-Verwaltung vor. Aber Peter Lange aus dem Präsidialamt sieht das anders: Die Studenten hätten erst durch diese Maßnahme wieder Interesse an einem Vertrag gezeigt.

Doch ob der überhaupt zustande kommt, ist noch unklar. Denn Ergebnis des erzwungenen Gespräches in der Heizungszentrale war, daß ein Gutachten über die notwendigen Baumaßnahmen und deren Kosten erstellt werden soll. Einen Vertrag gibt es nur, wenn das Gebäude saniert wird. Doch wenn die Kosten zu hoch sind — hier war die Rede von einer sechstelligen Summe — dann wäre, so Peter Lange, das Projekt nicht aufrechtzuhalten. Es wäre sowieso illusionär, in Zeiträumen von länger als zwei Jahren für die Existenz des StudentInnenzentrums zu denken, da es sich hier nur um eine Übergangsregelung gehandelt habe. Die Abrißgenehmigung liege im übrigen schon lange vor. Da könnte die prekäre finanzielle Situation der FU, die erst einmal für die Asbestbeseitigung in ihrem Haus sorgen muß, ein willkommener Anlaß sein, das, neben den Tutorien, letzte im StudentInnenstreik im Jahre 1989 erkämpfte Projekt fallenzulassen, befürchten die Studies.

Das jedoch wollen die StudentInnen so nicht durchgehen lassen. Auch wenn alles einfriert, ihr Widerstand bestimmt nicht. Seit dem Streik arbeiten hier neben dem Bert-Brecht- Institut und der Medienwerkstatt, die Koordinationsstelle für Projekttutorien, die Theatergruppe »Axon Dimens«, das Hochschularchiv ebenso wie die verschiedenen FachschaftsverteterInnen und die Wohnungsnotinitiative. Verloren gehen würde den StudentInnen auch ein Kommunikationszentrum, ein Veranstaltungsraum, der AusländerInnentreffpunkt, der Frauenraum... Gefordert wird von ihnen die sofortige Inbetriebnahme der Heizung und die notwendige Winterfestmachung, damit durch Kälteeinbrüche nicht noch größere Schäden entstehen, die eine Sanierung wiederum verteuern würden.

Auf die Frage, wo die einzelnen Projekte im Falle eines Abrisses unterkommen sollen, sagt Peter Lange etwas lakonisch, daß sie im Bereich der Uni untergebracht werden müßten. »Zur Not müssen die Archive sich zusammen tun, die Projekttutorien können auch woanders stattfinden als in der Schweinemensa«. Für Veranstaltungen könne man über den normalen Weg Räume beantragen, die einzelnen Projekte sind nach Auffassung von Peter Lange nicht von dem Haus abhängig. Doch gerade darum geht es den StudentInnen, hier können sie relativ autonom walten. Sie wollen nicht noch den »letzten im Streik erkämpften Freiraum an der zugebauten Uni für selbstbestimmte studentische Projekte« verlieren, heißt es in einem Flugblatt. Ende dieser Woche soll über das Gutachten und den Vertrag wieder verhandelt werden. Anja Baum