Tunnelschau mit dem Bausenator

■ U-Bahnhof Potsdamer Platz wird für 176 Millionen Mark wieder hergerichtet, damit die Lücke zwischen Zoo und Alexanderplatz geschlossen werden kann/ Fertigstellung Ende 1992

Berlin. »Denken Sie nicht, ein bißchen Farbe, und dann kann die U-Bahn wieder fahren«, warnt Bausenator Nagel, als einziger behelmt zwischen den Gästen im noch stillgelegten U-Bahnhof Potsdamer Platz. Der alte Bahnhof dicht unter der Erde, gegenüber dem großen Zirkuszelt am Leipziger Platz, wirkt überraschend intakt, selbst das Licht über den grünen Kacheln funktioniert. Plakate aus dem Jahre 1961 — damals wurde der Betrieb eingestellt — kleben noch an den Wänden. Die metallenen Mittelsäulen, die das im Krieg ausgebombte Hotel Fürstenhof abstützten, sind jedoch stark korrosionsgeschädigt, warnt der Senator.

1902 wurde der U-Bahnhof als Teil der Linie zwischen Spittelmarkt und Gleisdreieck angelegt und 1909 um ein Stück verschoben. Damals befand sich am Potsdamer Platz ein Eisenbahnhof und ein — ebenfalls noch stillgelegter — S-Bahnhof. Seit dem Mauerbau wurde der U-Bahnhof nur noch benutzt, um dort Züge abzugestellen. Auf den rostigen Gleisen unter einer überalterten Stahldecke reihen sich die gelb- weißen Wagen der BVB. Ein weißer Pinselstrich an der unterirdischen feuchten Wand an der Gleisstrecke markiert die Grenze zu West-Berlin. Wenige Meter später zerteilte bis vor Monaten eine massive, anderthalb Meter starke Ziegelwand das Gleisbett. Einige Schritte weiter endet der Tunnel unvermittelt an einer Stahltür, dahinter braust der Verkehr der Bernburger Straße. Über der Straße verläuft das Versuchsprojekt M-Bahn.

Die muß im Mai 1991 weichen, der M-Bahnhof Bernburger Straße wird abgerissen. Denn die U-Bahn- Linie 2/A (2 im Westen, A im Osten) wird für 176,5 Millionen Mark wieder verknüpft. Allein die Sanierung des 3,5 Kilometer langen, stillgelegte Teilstücks mit seinen zahlreichen Brücken und Tunneln kostet 96 Millionen. Danach soll die U-Bahn von Pankow nach Ruhleben über die Hochbahnhöfe Bülowstraße und Nollendorfplatz verlaufen, während die Linie ab Schlesisches Tor an der Krummen Lanke enden wird. Die Märkte in den Hochbahnhöfen wurden zum 1. März 1991 gekündigt. Im Dezember 1992, hofft der Bausenator, ist man fertig.

Bis dahin wird die Bernburger Straße stillgelegt. Statt dessen soll der Verkehr über die Stresemannstraße laufen. Der demnächst gut an die U- und S-Bahn angeschlossene Potsdamer Platz sollte jedoch kein oberirdischer Verkehrsknotenpunkt werden, sagte Nagel. Besser wäre es, wenn die künftigen Bürogebäude direkte Zugänge zur Bahn hätten. In den M-Bahnhof Kemperplatz könne »ein Architekturmuseum oder so«.

Um die Sanierung zu finanzieren, wurden der geplante S-Bahnhof Kolonnenstraße und die Sanierung des S-Bahn-Nordrings auf Jahre zurückgestellt. Die Linie 2/A sei jedoch wichtig, sagte Nagel, denn sie verbinde den Alexanderplatz mit dem Kurfüstendamm und knüpfe an vier Umsteigebahnhöfe an. esch