Das Schnarchen der Nachtwachen

■ Neue Kammermusik mit Witz und Pauken: als Weihnachtsmärchen eingewickelt

Wolken hören und Märchenmusik sehen: L'art pour l'art bei DaCapo am LeibnizplatzFoto: NM

Neue Musik hat in der Weihnachtszeit ganz schlechte Karten. Smarte Popmusiker bringen kitschige Weihnachtssingles heraus, die sie in ihrer musikalischen Entwicklung um Jahre zurückwerfen, und beim Publikum rutscht jetzt angesichts des Tannenbaums der Musikgeschmack um mindestens ein Jahrhundert zurück: Es gibt kaum etwas Konservativeres als das Heilige Fest.

Das Hamburger Ensemble

hierhin bitte

das Foto mit Spiegel

(märchenhaft)

„L'Art Pour L–Art“ ist aber so gewitzt, bei seinem DACAPO- Programm im Theater am Leibnizplatz neue, zum Teil sehr anspruchsvolle und vielseitige Musik für Kinder in ein Weihnachtsmärchen zu verpacken.

Die drei Bläser, der Gitarrist, der Percussionist und eine schöne, klassisch geschulte Sängerin hatten die Märchen in eine Partitur für so unterschiedliche Instrumente wie Oboe, Plastikschlauch, Pauken und Pappkartons verwandelt. So hören wir tatsächlich den Himmel mit den Wolken, das Schnarchen der Nachtwachen, viel Getuschel, Wispern oder Radau; und wenn einer quietschvergnügt ist, dann spielt die Baßklarinette eine Solo

einlage.

Diese Lautmalereien machen den Kindern auch am meisten Spaß. Die Sprachübungen eines Orang-Utan im zweiten Stück nach Hauffs „Der Affe als Mensch“ sind brilliant durcharrangierte Miniaturen, und die Übergänge vom Schönklang zum chaotischen Geklöter sind viel spannender als die Märchen selber.

Denn die dramaturgischen Tricks, mit denen die Akteure die Kinder für eine Stunde auf ihren Plätzen zu halten versuchten, kamen nicht so gut an. Kinder sind gnadenlos ehrliche Kritiker. Obwohl sich die KünstlerInnen diverse Verkleidungen, witzige Zwischentexte, und allerlei Albereien hatten einfallen lassen, wurde ein großer Teil des Publikums mit der Zeit unruhig, spielte seine eigenen Spiele und hatte zunehmend Spaß am Buhrufen.

Während die Musik immer spannend und unerwartet klang, hatte die Inszenierung des Märchens einige Längen, aber man merkte bei jeder Szene, welchen Spaß die Musiker dabei hatten, mal für ein ganz anderes Publikum zu spielen.

Sie unterließen alles Kindtümeln, und wenn sich auch nur ein Kind am Heiligabend über die Puderzucker-Musik beschwert, haben sie ihr Ziel erreicht. Willy Taub

weitere Vorstellungen: Theater am Leibnizplatz, heute 11 Uhr und Freitag 16 Uhr. Für beide Termine gibt es noch Karten.