Unruhe in Chiles Militär Regierung: Alles ist normal

Santiago (taz) —Genaues weiß in Santiago noch niemand. Fest steht nur, daß sich Mittwoch abend chilenische Heeresangehörige im ganzen Land in ihren Kasernen verschanzt haben. Ihre Forderungen sind widersprüchlich und lassen den Schluß zu, daß die Armee zur Zeit ohne Führung und ohne Konzept ist. Ein Teil der Soldaten — heißt es — fordert den Rücktritt des Armeeführers Pinochet: er sei persönlich in die Finanzskandale verwickelt, über die derzeit die Chilenen staunen. Wegen illegaler Finanzgesellschaften, Verkäufen von Heereseigentum an Familienangehörige und wegen der drei berühmten Schecks, die Pinochets Sohn für eine undurchsichtige Transaktion erhalten hat, ist der selbstgestrickte Mythos des Militärs als „Retter des Vaterlandes vor der marxistischen Gefahr“ ins Wanken geraten. Fünf Anklagen sind in der Sache bereits erhoben worden, ein Ende der Skandalkette ist nicht abzusehen.

Ein anderer Teil der verbarrikadierten Offiziere will dagegen ihrem Maximo Lider den Rücken stärken. Die angeblichen Finanzskandale, argumentieren sie, kämen aus der linksradikalen Ecke und hätten nur einen Sinn: die gloriosen Streitkräfte zu schwächen. Nur die zivile Regierung von Präsident Aylwin hat einen ruhigen Kopf behalten: Die Armee habe „Übungen“ abgehalten, die Lage sei normal und die Demokratie nicht in Gefahr, sagte Verteidigungsminister Rojas. Gaby Weber