Kommunen rechnen anders als Bonn

Sachsens Oberbürgermeister kündigen erneut Pleite an/ Waffenschmidt: „Schwarzmalerei“  ■ Aus Dresden Detlev Krell

Die Resolution der Oberbürgermeister Sachsens auf der zweiten Kommunalkonferenz am Wochenende in Dresden brachte den Parlamentarischen Staatssekretär aus dem Innenministerium und Schäuble-Stellvertreter, Horst Waffenschmidt, etwas aus der Fassung. „Seit dem 3. Oktober geht die Entwicklung in die falsche Richtung“, schreiben die OBs von Görlitz, Leipzig, Plauen, Chemnitz und Dresden sowie der Präsident des sächsischen Landkreistages. In den Kommunen zeichne sich ein „finanzieller Notstand ungeahnten Ausmaßes ab“. Finanzierungsmodelle müßten von unten nach oben gerechnet werden und vom „unabweisbaren Bedarf der Kommunen“, die in wenigen Tagen nicht einmal mehr die Verwaltungskosten bezahlen können, ausgehen. Alle Bemühungen, „die politischen Verantwortungsträger in Bonn zum praktisch wirksamen Handeln zu bewegen, waren bisher erfolglos“.

Das war zuviel für den Bonner Gesandten, hatte er doch ein Milliardenprogramm mit nach Dresden gebracht. Eben seien 4,25 Milliarden in die Länder geflossen, im Januar waren es fünf Milliarden. Waffenschmidt kündigte je eine Milliarde für Wohnungsbau und Kindertagesstätten, 3,6 Milliarden für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen an, dazu drei Milliarden für die regionale Infrastruktur. Etwa ein Drittel dieser Summen käme Sachsen zugute. Die Mittel fließen dadurch nicht um eine Mark reichlicher, sondern nur schneller als bisher vereinbart aus dem Fonds Deutsche Einheit. Dieser Fonds reicht aber insgesamt nicht aus, wie Sachsens Ministerpräsident Biedenkopf nicht müde wird zu wiederholen. Auch Waffenschmidt gestand das ein, in unbestimmter Zukunft sei „absehbar“, daß die Finanzausstattung erhöht werden müsse.

Ein sichtbares Zeichen für Leistungen über das im Einigungsvertrag Verhandelte hinaus wurde in Dresden vermißt. Dafür steht nun nur noch die kurze Frist bis zur gesamtdeutschen Ministerpräsidentenkonferenz am 28. Februar zur Verfügung. Bleibt auch dort ein Umschwung aus, hat Ministerpräsident Kurt Biedenkopf bereits angekündigt, könne man sich auch im Osten nicht mehr an die Regelungen des Einigungsvertrages gebunden fühlen. Die normalen Verwaltungskosten der neuen Länder sollen nicht durch Kredite finanziert werden, sondern durch Zuschüsse aus Bonn. Investitionskredite dagegen seien akzeptabel, wenn sie „die Haushalte nicht so mit Zinsen belasten, daß die politische Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist“. „Wir haben gute Karten in der Auseinandersetzung“, kündigte Biedenkopf nach seinem hundertsten Amtstag hintergründig an, und er weiß die Kommunen an seiner Seite.