CDU-Spendenaffäre schon 1963 ersonnen

Stuttgart (taz) — Es begann mit einem Eklat. Bei der ersten Sitzung des baden-württembergischen Untersuchungsausschuß, der sich mit der „Unabhängigkeit von Regierungsmitgliedern und Strafverfolgungsbehörden“ beschäftigt, kippte die CDU-Mehrheit die Vernehmung des früheren CDU-Kassiers Hubertus Neuhaus und des Ex-Bezirksvorsitzenden Gerhard Mahler. Begründung: Zunächst solle der Personenkreis gehört werden, um den es gehe.

Neuhaus und Mahler, die über die illegalen Praktiken der Parteispenden berichten sollten, wurden heimgeschickt. Bemüht, vor dem Landesparteitag am Wochenende mögliche „Störfeuer“ zu vermeiden, wollte die Union den über das Netz privater Industriekontakte gestolperten Ministerpräsidenten Späth vor einer möglichen Wiederwahl als Landesvorsitzender nicht weiter demontieren lassen. Empört über seine Ausladung, plauderte der weitgehend ungeschoren gebliebene Spendendrahtzieher Neuhaus all das aus, was die CDU-Ausschüssler nicht hören wollten: Die Spendenbeschaffung via Waschanlagen sei bereits 1963 im Finanzministerium ersonnen und die Praxis im CDU-Vorstand mehrfach erörtert worden. Er sei davon ausgegangen, daß den Präsidiumsherren auch Eingemachtes bekannt war. Späth und Minister Schlee hatten Kenntnisse darüber bestritten.

Vor dem Ausschuß antreten durften dann die Minister Heinz Eyrich (Europa), Hermann Schaufler (Wirtschaft) und Barbara Schäfer (Soziales). Zwei weitere Beschuldigte werden später geladen: Schlee hatte sich krank gemeldet; Späth erklärte, er sei noch nicht so weit. Eyrich räumte reuig die „Dummheit“ ein, vor Jahren den Ex-SEL-Chef Helmut Lohr um einen Farbfernseher angegangen zu haben. Eyrich, der sich dadurch nicht „befangen gefühlt hat“, bedankte sich mit einem Alkoholgebinde bei dem edlen Spender, den er damals nicht einmal gekannt haben will. Lohr gab sich verwundert: Daß ein Minister beim Vorstandsvorsitzenden einen Fernseher bestelle, sei „sehr selten“ — „aber im Wirtschaftsleben ist man nie überrascht“. Wirtschaftsprosa gab auch Mittelstandsminister Schaufler zum besten: als „Türöffner“ sehe er es als seine Aufgabe an, jedem Unternehmen zu helfen, Aufträge zu bekommen. Wenn ein Unternehmen ihn für seine Zwecke haben wolle, dann solle es bitte dafür sorgen, daß er dahin gebracht werde, konterte Schaufler bei der Frage nach gesponsorten Flügen. Erwin Single