Voluminöse Verpackung

■ Die „Silencers“: Musik-Zitate im Modernes / Country und West-Coast-Drive

Die Trucks und Busse vor der Tür vermittelten den Eindruck, als würde drinnen mindestens eine mittlere „Monsters of Rock“- Show gefahren. Aber es war nur die britische Band „Good Bye, Mr. Mackenzie“, die eine halbe Stunde lang mit manischem Wave und Rave das Publikum warmspielen durfte: Die Schottischen „Silencers“ bereisen derzeit Europa mit „Support Act“ und einem Aufwand an Bühnentechnik, der zumindest bei ihrem Auftritt im Modernes in absurdem Mißverhältnis zu ihrer Breitenwirkung stand. Knapp 300 Leutchen mögen es gewesen sein, die sich vom satten Sound einer großdimensionierten PA, einer vergleichsweise gigantischen Light- Show und den hohlen Effekten beweglicher Dia-Projektionen beeindrucken lassen durften — zum entsprechend hochdosierten Eintrittspreis von 32 Mark.

Die „Silencers“ deckten die technische Seite ihres Metiers zwar professionell und versiert ab. Nach einem Identifikation ermöglichendem Profil scheinen sie aber noch zu suchen. Eine Verbindung mit der Folkmusik war ihnen vorausgesagt worden, wohl wegen des sporadischen Einsatzes von Violine und Akkordeon durch Davy Crichton. Der jedoch blieb über lange Zeit soundmäßig Staffage, während die Band gitarrenlastig die bekannten Eckpfeiler der zeitgenössischen Rockmusik ansteuerte: die „Waterboys“ schimmerten durch, bluesige Intros verbanden sich mit „Simple Minds“ Billig- Bombast und der gerade West- Coast-Drive einer Gram Passoms Interpretation mit dem Countyrock des John Cougar Mellenkamp. Ihm wurde Ehre zuteil, als die Band sich endlich der folkloristischen Möglichkeiten der Besetzung besann und einen furiosen Bluegrass-Part spielte. Erst hier trauten sie sich, und das auch nur halbherzig: es reichte gerade zu den populärsten Zitaten der US-Countrymusik.

Die Stärken der „Silencers“ liegen im Gesang des jungen Songwriters Jimme O'Neill, den kompakten Arrangements, ihrer recht frischen Bühnenpräsenz und den netten Flirts mit den Songlinien der 60er Jahre. Doch die Kompositionen des Mr. O'Neill sind banale, voluminös verpackte Popmelodien. Wenn er es nicht schafft, die sparsamen Folkbezüge wirkungsvoller zum Konzept zu bündeln, werden die „Silencers“ es schwer haben, auf dem Meer vergleichbarer Bands nach oben zu schwimmen. Rainer Köster