Singende Fans und eine Miese-Otto nach Super-Sieg

■ Tag so wunderschön wie heute und Rehhagel mürrisch wie immer

Und die Menge tanzte siegestrunken aus dem Stadion. Sang etwas vom „Tag, so wunderschön wie heute“, fuhr pausenlos nach Berlin und ergoß sich so gelaunt in die nächtlichen Straßen und Schänken. Ein Fußballfest hatten die 21.000 gesehen, kein Vergleich war den Fußballanbetern heilig genug: Moskau, Neapel, Frankfurt. Plötzlich wußte niemand mehr, wer da ein Unentschieden gegen Leverkusen ergurt hatte. Überschäumende Begeisterung zur Halbzeit, als Werder 4:1 führte, einer geht noch, einer geht noch rein, und dann waren es sogar noch zwei, die reingingen, allerdings in das Tor von Olli Reck, und dann tiefste Sorge, als sich die Frankfurter siebzehn Minuten vor Schluß nach dem 3:4 auf schnellen Sohlen zum Ausgleich anschlichen, denn so alt wie das Endergebnis suggeriert, sahen die Frankfurter in keiner Minute des Spiels aus.

Oh du wunderbare Fußballanarchie im Pokal, oh du tückische Gesetzlosigkeit beim finale furioso, als Werder noch zweimal traf und noch dreimal mehr hätte können (s.Seite 14). Welcher der hohen Spielkunst entwöhnten Fans hätte da nicht allen Anlaß und Grund gehabt, voll Freude den Heimweg anzutreten? Dreimal hintereinander Pokalfinalist: Zeit für hartgesottene Fans, einen zweiten Wohnsitz in Berlin anzumelden.

Nur einer. Trainer Rehhagel, bisweilen der Große genannt, erwies sich wieder einmal als richtiger Miese-Otto. Wagte es doch in der Pressekonferenz der noch nie wegen besonderer Werder- Feindlichkeit in Erscheinung getretene Weser-Kurier-Kollege nach den Gründen für Werders plötzliche Leistungssteigerung zu fragen. Er sei doch nicht da, den Journalisten Nachhilfe-Unterricht zu geben, blaffte Otto. 6:3, da habe man ja wohl genug zu schreiben.

Als der zusammengesunkene Kollege höflich einwandte, er wolle keine Nachhilfe, sondern habe doch nur eine Frage gestellt, bellte Otto noch einmal kurz, ging von dannen und hinterließ eine kopfschüttelnde Journalistenschar. hbk