Kunstlicht

■ Kunstfrühlingssplitter/Eine Nachlese

Je nach Perspektive neigt sich der Bremer Kunstfrühling seinem Ende zu (die zentrale Ausstellung in der Eislaufhalle ist abgebaut) oder er strebt seinem Höhepunkt entgegen (Samstag ab acht in der HfK: Künstlerfest). Schon jetzt ist klar: Besuchermäßig ist die BBK-Inszenierung recht erfolgreich. Etwa 1.400 Besucher wurden in der Eislaufhalle gezählt. Ebenso klar: dem BBK bleibt ein erkleckliches Defizit; der schön gemachte Katalog (45 Mark) z.B. verkauft sich schlecht. Rainer Kaminski, PR-Mann des BBK: „Wir haben gezeigt, wir können's auch.“

Sehr unterschiedlich wurde das Angebot von ca. 150 Bremer KünstlerInnen angenommen, sie in ihren Ateliers zu besuchen. Hatten Namen wie Splettstößer oder Grzimek guten Zulauf, verlief sich namentlich nach Huchting und in andere Randlagen kaum jemand. Selbst organisierte Führungen mußten mangels Interesse abgesagt werden.

Eine achtjährige Schülerin und eine Dame von 76, seit der Rente „Aquarellmalerin“, bildeten mit acht anderen ein Grüppchen, das die selbstorganisierte Druckwerkstatt und Galerie in der Hohentorsstraße besuchte. Hier wurde eigens eine Kleinserie gedruckt mit schwarzen Fingern,

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Pressarbeit und Gummiätzdemo. Tips für die Praxis waren gefragt, Kursmöglichkeiten abgesprochen. Mehrere Drucke wechselten den Besitzer.

„Für welches Kunstwerk würde ich einen Raum leerräumen?“ Solcherart schulte Galeristin Katrin Rabus bei der letzten Führung am Mittwoch in der Eislaufhalle unseren Blick. Wir: ca. 80 diffus Kunstinteressierte, zu einem üppigen Teil hergelockt von Frau Rabus' Talk-Widerpart Willi Lemke, der auch ein Bild besitzt. Letzterer würde für die Bodenarbeit von Ralph Kull (im Kreis gestreut eine Tüte Blaukorn-Dünger, monochrom) kein Zimmer freimachen. War auch schon drübergelatscht. Lemkes Tip: Karl Heinrich Greunes zart hingezupftes Acrylbild: „Das hat was von Kunstfrühling. Was kostet das?“ 10.000 nur, Katrin Rabus rät, sofort zuzuschlagen. Ratlosigkeit bei einer Arbeit von Splettstößer: rattenschwänzige Wesen aufgereiht vor Wand? Aha: Knieschützer vom Pflasterer, wie Lemke sie vom Torwart kennt. Zwei Paar sehen bronzefarben aus und sind aus Bronze. Täuschend. Hier ringt auch Frau Rabus um Worte, doch mit gemeinsamer Assoziation kommt man dem Objekt näher (Arbeit, schwarzes Gummi, die Wand...).

Promi-Führungen: eine gute Idee; viele Leute blieben geschlagene zwei Stunden bei der Stange. Rabus/Lemke ein Super- Paar, eloquente Verkaufsstrategen. Sicher kam manch einer zum ersten Mal auf den Gedanken, daß man Kunst auch kaufen kann. Was übrigens bei dem vorgestellten Querschnitt nicht so schwer fällt, ist doch die hier gezeigte Bremer Kunst leise, im Rahmen, unaufdringlich und freundlich. Aufregend nicht. Burkhard Straßmann