Haushoher Sieg für Südkoreas Regierungspartei bei Regionalwahl

Seoul (taz) — Südkoreas regierende Demokratisch-Liberale Partei (DLP), die vor einem Monat noch durch die größten Studentendemonstrationen seit vier Jahren unter Druck geraten war, hat bei den Provinzwahlen einen haushohen Sieg davongetragen. 65 Prozent aller Sitze in neun Regional- und sechs Stadtparlamenten, so das offizielle Wahlergebnis vom Freitag, konnte die Partei auf sich vereinen. Weit abgeschlagen landete die oppositionelle Neue Demokratische Partei (NDP) mit 19 Prozent auf Platz zwei.

Auch wenn 42 Prozent der Wähler der Abstimmung fernblieben, sitzen DLP und Südkoreas Staatschef Roh Tae Woo fester im Sattel denn je. Schließlich hatten alle Parteien den Urnengang nicht so sehr im Licht der Wiedereinführung der südkoreanischen Lokalautonomie gesehen. Die Wahl sollte, so kündigte der NDP- Vorsitzende Kim Dae Jung an, zur Stunde der Wahrheit für den Seouler Staatschef und seine Partei werden sowie ein „Trendsetter“ für die im kommenden Jahr stattfindenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sein.

Mindestens 25 bis 30 Prozent, meinte Kim Dae Jung noch vor der Wahl, würde seine Partei bei der Lokalwahl erreichen. Doch die Opposition hat sich verkalkuliert. Kim Young Sam, zweiter Mann der DLP, feierte den Sieg als ein „unzweideutiges Votum der Wähler für Stabilität“ und gegen „Reformen durch Straßenprotest“. Die gewaltsamen Demonstrationen im Mai, meinen politische Beobachter, hätten der DLP tatsächlich mehr Zulauf gebracht.

Stabilität, da stimmen auch Regierungskritiker zu, sei der sicherheitsbewußten Bevölkerung angesichts vieler wirtschaftlicher Probleme derzeit wichtiger als eine ungewisse Reformbewegung. Vergessen scheinen da die vielen Affären und Korruptionsskandale in der Politik. Aber der Erdrutschsieg der DLP, sagen andere, gebe der Regierung zuviel Macht, die sie jetzt auf allen Ebenen „gnadenlos“ durchsetzen werde. Südkoreas Opposition sieht nach diesen Wahlergebnissen jedenfalls schweren Zeiten entgegen. Peter Lessmann