KOMMENTARE
: Umweltfeind Nr. 1

■ Der Autobahn-Skandal kommt wie gerufen — Hauptsache, Krause muß gehen

Warum unbedingt ein niederländischer Konzern an den Bundesautobahnen kochen soll, ist zwar überhaupt nicht einzusehen. Aber letztlich ist es Wurst, wen Verkehrsminister Krause bei der Lizenzvergabe protegiert hat — in den Highway-Küchen ist ohnehin alles derselbe Käse. Und dennoch kommen die Enthüllungen über die Krause-Connection wie gerufen. Wenn Kohl jetzt von dem Jungstar abrückt, ist dies hoffentlich das erste Zeichen dafür, daß die Tage Krauses gezählt sind. Es gibt zur Zeit keinen Mann im Bonner Kabinett, von dem eine größere Gefahr für Mensch und Umwelt ausgeht. Kollege Riesenhuber rückt zumindest nach jahrzehntelangem Kampf und finanziellen Pleiten vom Schnellen Brüter ab. Taktiker Möllemann mausert sich vielleicht gar zum künftigen sozialliberalen AKW- Aussteiger, und Umweltminister Töpfer zieht international wegen seiner Klimarettungsinitiativen schon Kollegen-Ärger auf sich.

Und da kommt nun ein politisches Kraftpaket aus Trabi-Land mit seiner Regierungspanzerlimousine 500 SEL angerauscht, hat nichts anderes im Kopf, als seinen ehemaligen Landsleuten den wichtigsten Jugendtraum von gestern zu erfüllen und mit Bonner Steuergeldern jetzt „drüben“ alles Mercedes-gerecht auszubauen. Umweltschutz erschöpft sich darin, die Alleen nun nicht mehr abzuholzen, sondern parallel mit leitplankenbewährten Schnellstraßen zu säumen. Als Angehöriger einer einstigen Blockflötenpartei hat Krause offenbar die Buchverbote in der DDR strengstens befolgt. Der Glückliche muß sich daher auch nicht mit Erkenntnissen aus Werken wie Die Grenzen des Wachstums herumplagen. Er genießt die Gnade der Unwissenheit.

Ein Mann, der unumwunden zugibt, in seiner Liebe zum Auto „Phasen durchzumachen, die im Westen längst überwunden sind“, der selbst blind für die Fehler von vorgestern ist und mit neuer Planungsgesetzgebung die Einspruchsrechte der Bürger wieder zurückschrauben will — dieser Mann dürfte sich auch rein taktisch für Helmut Kohl als unnötige Fehlbesetzung erweisen. Die Chance, mit viel Geld einen großen Wirtschaftsraum mit einem modernen Verkehrssystem zu überziehen, ist heute da. Verkehrsminister Krauses fanatisch verfolgtes Ziel ist es offenbar, diese Chance so schnell wie möglich unwiderruflich zunichte zu machen. Da scheint jeder andere Mensch auf diesem Posten besser — selbst aus dem konservativen Spektrum. Wie wäre es mit Franz Hinterstoißer, Vorsitzender des CSU-Arbeitskreises Umwelt? Der spricht sich wenigstens für Tempo 120 auf den Autobahnen aus. Er dürfte dann auch ruhig andere Münchner Lobby-Politik machen und moderne Infrastruktur- Aufträge an Siemens gleich nebenan vergeben. Denn wer die Technologie bereitstellt, ist erst mal genauso zweitrangig wie die Frage, wer die Pommes an den Autobahn-Raststätten frittiert. Hauptsache, Krause kommt weg. Ulli Kulke

Der Autor war Wirtschaftsredakteur der taz und arbeitet nun bei 'Natur‘