„Ewiger Senat“ runderneuert

Hamburger Bürgerschaft wählt SPD-Landesregierung/ Die SPD hatte bis zuletzt gebangt, ob ihre Ein-Stimmen-Mehrheit reicht/ Ganz neu: Eine Senatorin für Frauen, Stadtentwicklung und Verkehr  ■ Aus Hamburg Florian Marten

Laut Umfragen wollen nur acht Prozent der HamburgerInnen die Alleinregierung einer Partei, doch seit Mittwochabend ist sie im Amt, die neue absolute SPD-Landesregierung. Vier Frauen und zehn Männer stellen den neuen Senat. Nur sieben von ihnen standen freilich am Mittwochabend zur Wahl. Die mit vordemokratischen Elementen gespickte Hamburger Verfassung kennt nämlich den „Ewigen Senat“, der nur durch die geheime Nachwahl neuer SenatorInnen gestürzt werden kann. Da die SPD nach ihrem Wahlsieg vom 2.Juni nur über die hauchdünne Mehrheit von 61 der 121 Parlamentssitze verfügt, hatte der alte und neue „Senatsvorsteher“, Bürgermeister Henning Voscherau, vorsichtshalber darauf verzichtet, sein gesamtes Team zur Wahl zu stellen.

Als am Dienstag bei der SPD-internen Probeabstimmung nur Umweltsenator Fritz Vahrenholt alle Stimmen bekam, wurde noch einmal gezittert. Mit zwischen 61 und 64 Stimmen für die neuen Sieben verlief die Wahl dann doch glatter, als manche erwartet hatten. Vieles deutet allerdings darauf hin, daß sich die SPD eine stabile 62. Leihstimme beschafft hatte, die im Falle des umstrittenen neuen Chefs der Senatskanzlei, Thomas Mirow, tatsächlich auch gebraucht wurde — er erhielt als einziger „bloß“ 61 Stimmen. Nach dem Wahlerfolg jedenfalls genehmigte sich die Bürgerschaft ganz erleichtert erst einmal eine Verdoppelung ihrer Diäten, die den armen Feierabendparlamentariern wenigstens Anschluß an die Politgehälter der übrigen deutschen Landtagsabgeordneten bringt. Nur der reichste Mann der Bürgerschaft, Groß-Immobilist Robert Vogel (FDP), und die ärmste Fraktion (GAL) stimmten gegen die Polit-Lohnerhöhung.

Zuvor hatte der „ewige“ Senats- und Stadtchef Henning Voscherau, von der komplizierten Kandidatenkür seines Senatsteams sichtlich geschafft, eine ausgesprochen müde und flaue Regierungserklärung vom Stapel gelassen, in der viel vom Hamburger Boom, der neuen Bescheidenheit der SPD und vielen runden Tischen die Rede war. Ähnlich mittelmäßig-müde wie die Regierungserklärung bewerten die meisten politischen BeobachterInnen auch den neuen Senat. Nach den Absagen von, von Voscherau ersehnter, auswärtiger Gaststars, darunter Frankfurts Ex-OB Volker Hauff, gab es Hamburger Eintopf, wobei vor allem die internen SPD-Flügel, angesichts der dünnen Mehrheit mächtig wie nie zuvor, gut bedient wurde. Für Aufsehen sorgten allein die Wahl der neuen Kultursenatorin Christina Weiss (Kulturkritikerin) und die Kür der SPD-Landeschefin Traute Müller zur scheinbar allmächtigen Senatorin im Dreifachamt für Frauen, Stadtentwicklung und Verkehrsplanung.