Der Wundertäter von Rostock

■ Bremer SV — Hansa Rostock 2:5 / Hansas Trainer Uwe Reinders als Volksheld

Hansas Rostocks Trainer Uwe Reinders steht vor einer ungewissen SaisonFoto: Ralf Pollack

Der 29. Mai 1990 ist im Kalender des FC Hansa Rostock ganz dick angestrichen. An jenem Montag nämlich nahm der mecklenburgische Fußballclub den gebürtigen Essener Uwe Reinders (36) als Trainer unter Vertrag. Seither geht es bergauf: Der schnauzbärtige Coach, nach eigener Einschätzung „absolut fußballverrückt“, verwandelte binnen eines Jahres das hausbackene Rostocker Kicker-Kombinat in ein spiel- und kampfstarkes Team. Am Ende der Saison stand der totale Erfolg: Meisterschaft, Pokalsieg und — vor allem — die Qualifikation für die gesamtdeutsche Bun

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das Porträt-Foto von

dem Mann mit

Schnauzbart

desliga.

Das Geheimnis des Triumphs ist, so Reinders, schnell erklärt: „Wir ziehen alle an einem Strang und jeder läuft für jeden — notfalls bis zum Umfallen.“ Bei den Menschen in der Region — vielfach gebeutelt von Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg — kam derlei fußballerische Ablenkung gut an. Zu Tausenden pilgerten sie regelmäßig ins Ostseestadion, Und Reinders schritt stets unter euphorischen „Uwe-Uwe“-Rufen zur Trainerbank.

Die Begeisterung um seine Person ist für Reinders nicht neu — schon vor Zeiten als Flügel

stürmer bei Werder Bremen war er trotz mancher Eskapaden ein Liebling der Massen: Zwar brachten ihm ausgedehnte Aufenthalte in Spielcasinos den Beinamen „Zocker auf Rechtsaußen“ ein — seiner Popularität tat das aber keinen Abbruch. Inzwischen hat der Coach dem lockeren Leben abgeschworen und ist aufgerückt in den elitären Kreis der Spitzentrainer. Das wurde ihm jüngst in mehreren Zeitungsbeiträgen bestätigt: Der „kicker“ erkannte in ihm einen Mann, „der für Hansa Gold wert ist“, zum „König von Rostock“ gar kürte ihn das Magazin „Sports“.

Gleichwohl kündigen sich stürmische Zeiten für die Rostocker Riege an. Der Grund: Hansa-Präsident Gerd Kische sorgt für fortgesetzte Unruhe. Dem Wirken Kisches — ein ehemaliger DDR- Auswahlspieler — fiel bereits die Zusammenarbeit zwischen Werder Bremen und Rostock zum Opfer: Werder hatte dem Ost-Verein seine Hilfe angeboten, Kische aber (“Wir wollen nicht der Ableger eines West-Clubs sein“) stichelte beständig in Richtung Bremen, bis die Kontakte abrissen. Auch bei den einheimischen Fans gilt Kische als Reizfigur — erbost lasten sie ihm u. a. eine drastische Steigerung der Eintrittspreise an.

Trainer Reinders, sonst nie um eine knackige Antwort verlegen, hält sich bedeckt, wenn die Rede auf den umstrittenen Kische kommt: „Schließlich bin ich hier nur für den sportlichen Bereich zuständig“. Das ganze Theater geht ihm dennoch gewaltig gegen den Strich; besonders dem Publikum möchte der Volksheld weitere Enttäuschungen ersparen.

Der Coach aus dem Westen hat in dem einen Jahr in Rostock viel erfahren von den Problemen der Leute: „Menschlich hat mich die Not hier unheimlich geprägt.“ Deshalb will er der allgemeinen Tristesse weiterhin auf dem Bolzplatz zu Leibe rücken: „Wenn wir uns gut behaupten in der Bundesliga“, glaubt Uwe Reinders, „dann können die Leute in Rostock doch wenigstens auf ihre Fußballmannschaft stolz sein“.

Übrigens: Gestern im BSV- Stadion am Panzenberg gewann vor 2.000 ZuschauerInnen Hansa Rostock gegen den Bremer SV mit 5:2. Holger Gertz