Magdeburger Polizei in Stasi-Diensten

■ 200 Polizisten in Sachsen-Anhalt waren früher bei der Stasi beschäftigt/ RAF-Ausbilder rausgeflogen

Magdeburg (taz) — Anfang der Woche waren es noch 90 ehemalige Stasi-Angehörige, die bei der Magdeburger Polizei in Amt und Würden sind. Gestern gab Sachsens Innenminister Hartmut Perschau (CDU) zu, daß es sogar 200 Stasi-Leute bei den Freunden und Helfern in Magdeburg gibt. Bis vor wenigen Tagen war unter ihnen auch Norbert Wetzel, ehemals Stasi-Major und als Schußwaffenexperte des Mielke-Ministeriums in den achtziger Jahren auch für die Ausbildung von RAF-Mitgliedern zuständig. Nachdem Wetzels Vergangenheit jetzt aufgedeckt wurde, feuerte ihn Perschau fristlos. Mit Wetzel mußten noch vier andere ehemalige Stasi-Mitarbeiter ihren Dienst bei der Polizei quittieren.

„Die anderen sind überwiegend junge Burschen ohne jegliche Praxis“, beteuerte Perschau. „Die sind mit ganz jungfräulichen Akten hier aufgetaucht.“ Natürlich weiß auch Perschau, warum die Akten der ehemaligen Stasi-Mitarbeiter so sauber sind: „Am Ende der Modrow-Regierung gab es die große Säuberungsaktion, bei der AfNS-Angehörige ihre Akten nach belastenden Unterlagen durchkämmen und diese vernichten konnten.“

Insgesamt hält Perschau die ehemaligen Stasi-Offiziere unter den Magdeburger Polizisten für „eher harmlose Fälle“. „Die waren überwiegend im Personenschutz, im Sondereinsatzkommando und im Wachregiment des MfS tätig.“ Einige allerdings auch in der Anti-Terror- Einheit, gibt er schließlich doch zu. Zu denen zählte auch der 47jährige Norbert Wetzel. Daß noch ein weiterer „Mitarbeiter der Anti-Terror- Einheit“, der für die Schießübungen von Palästinensern zuständig war, bei Magdeburgs Polizei Dienst schiebt, kann Perschau weder bestätigen noch dementieren.

Zur Beschleunigung der Überprüfungen bei der Polizei hat Perschau jetzt insgesamt drei Personalkommissionen eingesetzt. „Mir dauert das alles sowieso schon viel zu lange.“ Aber für ein rechtsstaatliches Vorgehen bei den Überprüfungen seinen die Akten der Gauck-Behörde erforderlich. In der kommenden Woche will Perschau selbst nach Berlin fahren, um bei der Gauck-Behörde eine Beschleunigung der Überprüfungen zu erreichen. Fest steht für Perschau zunächst nur, daß keiner seiner Polizisten früher gegen Demonstranten eingesetzt war. „Wer doch auf Demos geprügelt hat, fliegt sofort raus.“ E. Löblich