Diagnose: Baustillstand

■ Geht das Medienzentrum Walle nach langem Siechtum ein? Entnervte Nutzergruppen wollen aussteigen

Das Medienzentrum Walle droht sich in heiße Luft aufzulösen. Nach über zweieinhalb Jahren Hoffen und Bangen haben jetzt drei wichtige Gruppen des gemeinsamen Medienprojekts ihre Hoffnungen begraben, das Medienzentrum Walle könnte jemals bezugsfertig werden. Das erklärten Vertreterinnen des Kommunalen Kinos, des Filmbüros und der Filmgruppe Wiedeo gestern bei einer Pressekonferenz. Ihre Geduld ist am Ende. Die drei Gruppen machen sich ab sofort auf die Suche nach neuen, eigenen Räumen.

Seit zweieinhalb Jahren versuchen sie ihre Arbeit in provisorischen Räumlichkeiten aufrechtzuerhalten, mit der Perspektive, daß das Medienzentrum bald ja bald fertig sei. Sobald aber diese drei Gruppen demnächst andere Räumlichkeiten gefunden haben, kann man das Medienzentrum abhaken. Übrig bleiben dann in dem Trägerverein, der „GmbH Medienzentrum Walle“, nur noch die Volkshochschule, die Landesbildstelle und die Schüler-Videogruppe Nullsatt.

Die Idee und das Konzept einer Medienkooperative von privaten Initiativen und halbstaatlichen Einrichtungen läßt sich allein mit diesen Gruppen nicht aufrecht erhalten, meint der für die Kulturbehörde zuständige Senatsdirektor Ditt.

Der Bauherr des Objekts, eine Investorengruppe aus Frankfurt, hatte sich vertraglich verpflichtet, über dem bereits fertiggestellten Supermarkt in der Waller Heerstraße Raum für kulturelle Initiativen zu schaffen. Noch Mitte September hatten die Investoren vollmundig erklärt, der Innenausbau würde noch vor Ende September beginnen. So wurde die Baustelle des Medienzentrums am 18.9. feierlich eingeweiht.

Die Vertreter der Frankfurter Investorengruppe betonten damals, eine vertraglich festgelegte Konventionalstrafe von 40.000 Mark im Monat werde ab November 91 gezahlt werden, falls die Räume dann noch nicht den Mietern zur Verfügung stehen. Bis jetzt ist nichts geschehen. Entgegen den Vereinbarungen im Mietvertrag, hatten die Bauherren ihren Bremer Architekten angewiesen, die eine oder andere bauliche Maßnahme einfach etwas billiger zu gestalten als geplant. Gleichzeitig stellten die Investoren neue Forderungen an den Trägerverein in Höhe von 300.000 Mark und erklärten plötzlich beispielsweise die Einrichtung von Kabelschächten zur Aufgabe des Trägervereins.

Verständnis und Bedauern äußerte der Vorsitzende des Trägervereins, Michael Beutler, angesichts des geplanten Absprungs von Kommunalem Kino, Film- Büro und Wiedeo. Er hatte bei einem Gespräch mit dem Bauherrn am Dienstag versucht, die Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. Beutler hat noch Hoffnung, daß Walle wieder ein Kino, und dazu ein ganz besonderes, bekommt.

Ähnliche Hilflosigkeit empfindet der in der Behörde für das Medienzentrum zuständige Abteilungsleiter Egon Ditt. Er lobte gegenüber der taz die große Geduld der zukünftigen NutzerInnen. Er könne sogar verstehen, daß sie kein Vertrauen mehr in die Aufrichtigkeit der Investorengruppe hätten. De facto bliebe jedoch nichts anderes übrig, als die nächsten zwei Monate abzuwarten. Wie der Vorsitzende des Trägervereins wagt er noch auf das Wunder des Ausbaubeginns zu hoffen. Bleibt das Wunder aus, folgt ein gerichtliches Nachspiel um Konventionalstrafen und Schadensersatzklagen. Juan