„Sie haben mich ausgelacht“

■ Flüchtlingskinder müssen zur Schule — aber die ist nicht darauf vorbereitet

Seit drei Jahren betreibt der Bremer Senator für Bildung eine Einschulungspflicht-Aktion für Kinder aus Flüchtlingsfamilien. Die meisten Kinder waren Analphabeten, sie wurden auf die entsprechenden Klassenstufen verteilt ohne ihren Sprach- und Bildungsstand zu berücksichtigen.

Diese neue Situation hat Unruhe und Probleme in Schulen und Klassen mit sich gebracht. Weder deutsche Lehrerin noch deutsche Eltern noch deutsche Kinder waren für diese „Invasion“ von zwei bis drei Kindern pro Klasse vorbereitet.

Unter dem Druck von Lehrerinnen, Elternbeiräten und Ortsbeiräten wurde eine Regelung getroffen, nach der Sonderklassen, Förderunterricht und Vorbereitungsklassen eingerichtet wurden.

Drei betroffene Kinder berichten: Fatima (11) aus Somalia, Zeineb (10) aus dem Libanon und Arkan (8) aus Somalia. Sie leben seit drei Jahren in Bremen.

Warum seid Ihr nach Deutschland gekommen?

Arkan: In Somalia gibt es Krieg.

Zeineb: Im Libanon gibt es auch Krieg.

Fatima: Ich wäre am liebsten in Somalia geblieben. Es war sehr schön, ich hatte viele Freundinnen. Es gab aber Krieg. Wir mußten weg, weil wir Angst hatten, getötet zu werden.

Arkan: Wir haben nur unsere Kleider und unsere Schuhe mitbekommen. Wir haben unser Haus einfach so verlassen.

Wie habt ihr Euch gefühlt als ihr nach Deutschland gekommen seid?

Fatima: Ich war ein bißchen traurig, aber nicht so viel, weil es hier so viele schöne Sachen gab. Aber wo ich jetzt wohne ist es nicht schön.

Arkan: Ich war erstaunt, daß es so viele weiße Menschen gibt.

Ihr geht seit zwei Jahren in die Schule. Wie findet ihr das?

Fatima: Am Anfang war es ganz schlimm für mich. Ich saß da und habe nichts verstanden.

Zeineb: Wenn ich nicht verstanden habe, haben mich die deutschen Kinder ausgelacht.

Habt ihr deutsche Freundinnen und Freunde in der Klasse?

Fatima: Nein.

Zeineb: Nein.

Arkan: Ich habe nur ausländische Freunde und einen deutschen Freund, Flori. Er ist aber nicht in meiner Schule. Flori hat mich zu seinem Geburtstag eingeladen.

Fatima: Ich bin nie zu einer Geburtstagsfeier von den Mädchen meiner Klasse eingeladen worden.

Zeineb: Ich auch nicht.

Ihr habt im Fernsehen von den Überfällen auf ausländische Wohnungen gehört. Was habt ihr dabei gefühlt?

Arkan: Ich habe Angst. Meine Mutter hat mir gesagt, ich muß aufpassen und zu Hause bleiben. Aber zu Hause ist es langweilig für mich.

Zeineb: Ich habe Angst und meine Eltern auch. Wir dürfen jetzt nicht mal vor der Tür spielen. Die Polizei hat uns einen Zettel gegeben, wo draufsteht, daß wir die Haustür unten um 23 Uhr zumachen müssen und nicht mehr rausgehen düfen.

Wollt Ihr in Deutschland bleiben oder lieber zurück?

Arkan: Ich wünsche mir, daß es in Somalia wieder gut und schön wird. Dann möchte ich so schnell wie möglich zurück.

Fatima: Ich bin jetzt mit Zeineb befreundet. Sie kommt aus dem Libanon. Wenn wir zurück nach Somalia müssen, dann muß ich mich von meiner Freundin Zeineb trennen. Und das ist nicht schön: immer weg.

Wenn Ihr in Deutschland bleibt, was wünscht Ihr Euch?

Fatima: Ich wünsche mir, daß die deutschen Mädchen in meiner Klasse zu mir netter weren.

Sadia Ghelala