Ist hier nicht Hoyerswerda?

■ Prozeß wegen Angriff auf Ausländer endete mit geringen Geldstrafen

Euskirchen (taz) — „Hier ist nicht Hoyerswerda!“ betonten Richter, Staatanwalt und Angeklagte einhellig. Juli 1990, das Waldfest des Junggesellenvereins Weilerswist-Metternich will nicht so recht in Gang kommen. Da rufen zwei junge Männer auf zur Aktion „Rumänen raus“. Auf die Frage nach dem Motiv antwortet ein 17jähriger Zeuge seelenruhig: „Wir wollten den Ausländern halt angst machen.“

Ein türkischer Zeuge schildert den Vorfall so: „Wir waren 15 Personen in der Baracke an diesem Abend. Als die jungen Leute in ihren Autos angefahren kamen, dachte ich, das wäre eine Geburtstagsfeier. Dann kamen sie näher und warfen Knaller und Raketen auf die Baracke. Ich versuchte, meine Kinder zu beruhigen, doch Hilfe konnte ich nicht holen. Wir hatten kein Telefon. Die Nachbarn haben dann die Polizei geholt, und sie sind weggelaufen. Doch nach einer halben Stunde kamen sie wieder. Die Polizisten waren schon wieder weg. Mit Flaschen und Steinen haben die Jungen auf das Haus geworfen. Einer hat aus so einem Kanister eine Flüssigkeit auf den Eingang geschüttet. Ich dachte, das ist Benzin, jetzt zünden sie uns an.“

Der Kanister wurde nie gefunden. Der 25jährige Maurer, dem man vorwirft, eine Bierflasche geworfen und „Ich zünd' euch jetzt die Bude an!“ gebrüllt zu haben, zuckt mit den Schultern.

Resigniert meint Staatsanwalt Knopp: „Hier haben wenigstens ein paar Leute gestanden, auch wenn angeblich keiner etwas gegen Ausländer hat. Bei den Skinheads, die ja im negativen Sinne aus ,Überzeugung‘ handeln, bekennt sich niemand zu seiner Tat.“ Einer der drei Täter, die vorgestern auf der Anklagebank des Amtsgerichts Euskirchen saßen, ist ohne Antwalt gekommen. Er bekennt sich schuldig, mit Feuerwerkskörpern auf die Baracke geworfen zu haben: „Herr Richter, ich muß bestraft werden.“

Die anderen beiden knurren unwillig: „Da haben wir Mist gebaut.“ Vielleicht auch bloß auf den Rat ihrer Anwälte hin.

Die Bewohner wollen nicht nach Metternich zurückkehren. Kinder konnten noch vier Moahte nach dem Angriff nachts nicht schlafen. „Wir hatten eine Todesangst“, bekennt ein Betroffener leise. „Aber ich will nicht, daß all diese Leute wegen mir vor Gericht sitzen müssen.“ Betroffen entschuldigt sich Richter Väth bei den Betroffenen. Doch das Urteil fällt milde aus: dreimal Geldstrafen (anderthalb Monatsgehälter) und Verurteilungen wegen Landfriedensbruchs. Der Anwalt des smarten Versicherungskaufmannes tobt: „Das ist eine Verurteilung wegen falscher Gesinnung. Das gibt es in unserer Rechtsprechung nicht. Ich werde in Revision gehen.“ Anne-Beatrice Clasmann