Weltbank-Ökonom: Mehr Müllexporte!

Rio de Janeiro (taz) — Ein Memorandum des Chef-Ökonomen der Weltbank, Lawrence Summers, in dem er den verstärkten Export von Giftmüll und umweltverschmutzenden Industrien in die Dritte Welt anregt, sorgt in Brasilien für Wirbel. „Die Ausführungen von Herrn Summers sind logisch perfekt, aber total wahnsinnig“, erregte sich Umweltminister Jose Lutzenberger.

Das hausinterne Memorandum vom 12. Dezember 1991, das die erste Fassung des Weltbankberichts „Globale Wirtschaftsperspektiven 92“ kommentiert, gelangte in die Hände des italienischen Umweltaktivisten Roberto Smeraldi, der zur Zeit das Paralleltreffen von NGOs während der UNO-Umweltkonferenz von Rio im Juni vorbereitet. Smeraldi entschloß sich, das Papier in der Zeitung 'Jornal do Brasil‘ zu veröffentlichen. Ein Auszug erschien auch am Freitag in der britischen Zeitschrift 'Economist‘ (s. unten).

Die „merkwürdigen Gedankengänge von Herrn Summers“, erklärte Rubem Almeida, Greenpeace- Vorsitzender in Brasilien, seien „symptomatisch für das Niveau der Diskussion über Umweltschutz innerhalb der Weltbank“. Erschwerend käme hinzu, daß Summers in der Weltbank für den Globalen Umweltschutzfonds zuständig sei, durch den die G-7-Staaten Umweltprojekte finanzieren.

Die Weltbank spielte die Angelegenheit herunter. Das Papier sei „ironisch“ gemeint, verlautete aus der Zentrale in Washington. Pressesprecher Tim Cullen versicherte am Freitag, es handele sich um ein „offensichtliches Mißverständnis“.

„Wenn alle Weltbank-Technokraten so eine Offenheit an den Tag legen würden, wäre der Dialog mit ihnen wesentlich einfacher“, mokierte sich dazu Eduardo Martins, Vorsitzender der brasilianischen Umweltbehörde IBAMA. Und Minister Lutzenberger will das Memorandum in sein neues Buch aufnehmen — als „Beispiel für reduzierte Denkweise“. Astrid Prange