Cohn-Bendit: „Die CDU hat recht“

■ Multikulturdezernent für Änderung des Asylrechts-Artikels16 im europäischen Rahmen

Frankfurt/Main (taz) — „In der Asyldebatte haben sich die Parteien in Stalingrad-Mentalität eingebunkert.“ Der Frankfurter Stadtrat für multikulturelle Angelegenheiten, Dany Cohn-Bendit (Grüne), klagte nach den Wahlerfolgen der Rechtsradikalen gestern in Frankfurt den „rationalen Diskurs“ ein — „und ein Ende der absurden Debatte um die im Rahmen der europäischen Einigung ohnehin fällige Änderung des Grundgesetzes“. Cohn-Bendit: „Die CDU hat recht.“ Wer auf Europa setze, der setze auf eine Harmonisierung der Asyl- und Einwanderungspolitik. Und deshalb werde der Artikel16 des Grundgesetzes 1993 fallen.

„Unrecht“ habe die Union allerdings mit dem Beharren auf der Verweigerung des kommunalen Wahlrechts für AusländerInnen. Und deshalb müßten sich in dieser Frage die Konservativen bewegen, hin zu „holländischen Verhältnissen“. Cohn-Bendit: „Das ist die eigentliche Kontroverse, die in zivilisierter Debatte ausgetragen werden muß.“ Es könne doch nicht angehen, daß die demokratischen Parteien nach diesen Protestwahlen die gemeinsame Lösung der tatsächlichen oder vermeintlichen Probleme der Wählerinnen und Wähler suggerierten — „und die Lösung der Asylfrage besteht weiter darin, daß die einen versuchen, die anderen über den Tisch zu ziehen“. Der Multikulturdezernent kann sich vorstellen daß der Bundestag eine „Kommission von zehn Weisen“ ernennt, die dann einen für alle Beteiligten akzeptablen Vorschlag entwickelt, oder daß der Bundespräsident einen umfassenden Entwurf zum Thema erarbeitet. Die Demokratie, so Cohn-Bendit, sei wegen der Rechtsradikalen nicht in Gefahr.

Selbstkritisch ließ der Multi-Kulti-Dezernent die Politik der vergangenen drei Jahre im „Ämtchen“ (Cohn-Bendit) Revue passieren. Seine Konklusion: man müsse die Wählerinnen und Wähler der rechtsradikalen Parteien ernster nehmen, ihre Ängste begreifen lernen und die Auseinandersetzung mit ihnen politisch führen. Es sei nicht gelungen, den Menschen in den Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil die multikulturelle Gesellschaft als positive Alternative zum abgeschotteten Nationalstaat anzubieten. Die Verteufelung der rechtsradikalen Parteien hält der Dezernent für eine „Dummheit“. In einer Demokratie dürfe es keine Stimmen geben, die nichts wert seien. Die Wahlerfolge der REPs und der DVU seien „Fotografien der real existierenden Bewußtseinslage der Bevölkerung“. kpk