Über 400.000 Flüchtlinge aus Bosnien

■ UNO fordert Flüchtlingshilfe/ EG berät über Anerkennung Rumpfjugoslawiens und Mazedoniens

Sarajevo (dpa/taz) — Während die Diplomaten in mehreren europäischen Städten über eine Lösung für die Krise des auseinandergefallenen Jugoslawiens verhandelten, ging der Bürgerkrieg in der ehemaligen jugoslawischen Republik Bosnien-Herzegowina am Freitag weiter. Hunderttausende haben ihre Heimat in Bosnien schon verlassen müssen. Serbische Freischärler sprengten drei strategisch wichtige Brücken in Nord- und Zentralbosnien. Die Europäische Sicherheitskonferenz nahm in Helsinki Bosnien als 52. Mitglied in ihre Reihen auf.

Die UNO-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, hat am Freitag in Genf um finanzielle und politische Hilfe für die mehr als eine Million Menschen gebeten, die aus Jugoslawien fliehen mußten. Die eskalierende Gewalt habe zu der ersten großen Flüchtlingskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg geführt. Mindestens 1,241 Millionen Menschen seien aus ihren Heimatorten vertrieben worden. Allein im vergangenen Monat seien 432.000 Menschen aus ihren Häusern in Bosnien-Herzegowina geflohen, berichtete Sadako Ogata. In Kroatien wurden 545.000 Menschen vertrieben. Auf Weisung des Innenministeriums in Wien werden bosnische Flüchtlinge, die ohne gültige Reisedokumente oder ohne Barmittel nach Österreich einreisen wollen, von den dortigen Grenzorganen zurückgewiesen. Für die Einreise seien „mindestens 1.000 ÖS“ (140 DM) nötig.

Die Kämpfe im Bürgerkrieg konzentrierten sich am Freitag auf die westherzegowinischen Städte Mostar, Capljina, Citluk und Sarajevo selbst. Sie waren nach einer Falschmeldung der serbischen Presseagentur wieder aufgeflammt, nach der die Führung Bosniens der Armee den Krieg erklärt haben soll.

Unter den EG-Außenministern in Guimaraes bei Porto steht unter anderem zur Debatte, dem von Belgrad geführten neuen Jugoslawien die diplomatische Anerkennung zu verweigern. Die KSZE in Helsinki erwartet von der EG außerdem die Klärung der Frage, ob der am Montag ausgerufene Bundesstaat die Rechtsnachfolge des bisherigen Jugoslawiens antreten könne. Der neue Staat wird von den über zwei Millionen in Serbien lebenden Albanern abgelehnt. Das neue Jugoslawien sei ein „künstliches Gebilde“, erklärte der Albaner-Führer Ibrahim Rugova am Freitag in Pristina.

Griechenland, bisher einziger Verbündeter Serbiens in der EG, deutete am Donnerstag eine Kurskorrektur an. Ministerpräsident und Außenminister Konstantin Mitsotakis erklärte in Belgrad dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, Athen würde die Anerkennung des neuen Jugoslawiens befürworten. Griechenland könne aber nicht aus einer anderslautenden kollektiven Entscheidung der EG völlig ausscheren.