STANDBILD
: Zwei alte Objekte

■ "First Love", Sonntag, 21.05 Uhr, Tele 5

Diesmal hat der wißbegierige Privatsender bei seiner sonntäglichen Beziehungsbeichte Pech gehabt. Dort sollen sich Prominente zusammen mit ihrer ersten großen Liebe an die schöne Zeit zu zweit erinnern. Im Kreuzverhör, damit die Wahrheit im Gegenschnittverfahren gefunden werden kann. Als Gäste hatte man dann zufällig Ingrid Steeger und Thomas Anders ausgesucht: die einst meist ausgezogene Frau des deutschen Fernsehens und den solargebräunten, oft geschmähten Ex- Sänger von Modern Talking. Beide also offenkundige Opfer ihres Images.

„Wenn ich mir euch so ansehe, dann glaube ich, daß ihr unter all den Klatschgeschichten besonders leiden müßt“ — mit diesen einfühlsamen Worten steuert Pit Weyrich zielstrebig das Privatleben der beiden Stars an. Schon im nächsten Satz gehen „das goldene Blatt“ und „das goldene Bett“, als bemühter Versprecher getarnt, ineinander über. Er schaut Ingrid Steeger erwartungsvoll an. Er wird die letzte 'emma‘-Ausgabe nicht gelesen haben: Ingrid Steeger ist nicht mehr die kieksende Kleine aus Softsexfilmen und Klimbim. Alice Schwarzer hat sie von einem Leben erzählt, das Männer kontrolliert haben, die ihr damals die Rolle des Sexobjektes zuwiesen. Unter vielen Mühen konnte sie sich davon frei machen.

Sie wird erneut in alte Klischees gezwängt. Widerstand wäre zwecklos, der ehemalige Freund weiß noch alles ganz genau. Sie war klein und schwach, er spielte den Beschützer. Sie trug in seiner Erinnerung eine Schleife im Haar, „wie ein Hase“. „Alle waren begeistert von ihr“, weil man die verlegene junge Frau „für eine Taubstumme hielt“. Heute weiß sie, „daß er schon ein Macho war“, aber rechtfertigen muß er sich dafür nicht. Peter kommt ausführlich zu Wort, wenn er von ihrer äußeren Erscheinung und der Hilfsbedürftigkeit schwärmt. Nur einmal drängt der Moderator väterlich auf Frau Steeger ein, als sie bei der Beschreibung des ersten Kusses ausweicht: „Ich habe damals nicht gerne geküßt!“

Thomas Anders ergeht es auch nicht besser. Seine erste Liebe hieß Stephanie und war ebenfalls dominant. Als schüchternen Sänger hatte sie ihn kennengelernt, „ein kleiner Junge im riesengroßen Auto seines Vaters“. Klein wird Thomas während der gesamten Gegenüberstellung bleiben. Sein damaliger Wunsch nach Romantik wird als Angst vor dem sexuellen Verkehr gedeutet. Statt gleich mit aufs Zimmer zu kommen, gab es zwischen Thomas und Steffi nur einen Kuß. Doch für Thomas war alles anders, eine längst vergessene Liebe. Darüber geht der Moderator beiläufig hinweg. Das von den früheren Partnern entworfene Bild paßt genau: Thomas Anders ist für Steffi immer nur eine Stimme gewesen, Ingrid Steeger für Peter nur ein gut geformter Körper. Das Resümee liegt nahe: „Ihr seid ziemlich ähnlich“, beglückwünscht Pit Weyrich seine Gäste. Harald Fricke