Der Kampf gegen Rechts nach dem Prinzip Hoffnung

Die Grünen in Frankfurt/Main diskutierten Strategien gegen den Aufschwung von Reps, NPD und DVU/ Ausgrenzen oder Auseinandersetzen?  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) — Die Mikrophone wurden an diesem Abend im Veranstaltungssaal des neuen Öko-Hauses nicht gebraucht. Nur knapp 30 Menschen wollten mit dem Multikulturdezernenten Dany Cohn-Bendit darüber diskutieren, ob sich die Grünen in Zukunft mit den Rechtsradikalen offensiv auseinandersetzen sollen — oder ob die alte Strategie der „organisierten Ignoranz“ (Cohn- Bendit) weiter die Maxime auch der anderen demokratischen Parteien im Umgang mit Reps, NPD und DVU bleiben müsse. Allerdings fanden (fast) nur MandatsträgerInnen der Grünen und Funktionäre der Partei den Weg zum Westbahnhof.

Daß es dennoch eine spannende und zivilisierte Debatte wurde, lag daran, daß die Theoretiker der Grünen mit den hautnahen Erfahrungen der Ortsbeiräte der Partei mit den MandatsträgerInnen der NPD konfrontiert wurden. Die von dem Erziehungswissenschaftler und Stadtverordneten Michael Brumlik vehement vertretene These, daß man sich — wie von Dany Cohn-Bendit gefordert — zwar mit den Argumenten der Rechten auseinandersetzen müsse, aber mit ihren Politikern nicht reden dürfe, stieß bei denen auf Widerspruch, die sich in den Ausschußsitzungen der Ortsbeiräte in den Stadtteilen mit den Rechten an einen Tisch setzen müssen: „Ich kann doch nicht immer rausgehen, wenn demnächst die ,braune Uschi‘ etwa einen Antrag zur Aufstellung einer neuen Parkbank begründet oder ein Plädoyer für die Unterstützung eines Gesangsvereins hält.“ Immerhin, so die Grüne aus dem Ortsbeirat Heddernheim, würden zahlreiche BürgerInnen gerade die Sitzungen der Ortsbeiräte besuchen — „und wenn wir immer den Mund halten, glauben doch die Menschen, daß die NPDler die besseren Argumente haben“. Auch der Stadtverordnete Uli Baier erklärte die Startegie der „organisierten Ignoranz“, mit der die etablierten Parteien die 1989 in den Römer eingezogene NPD zurück in die Bedeutungslosigkeit treiben wollten, für gescheitert. Es sei „geradezu unerträglich“, so Baier, wenn etwa bei Bürgerfragestunden im Stadtparlament — „wenn die Ränge mit Schulklassen voll besetzt sind“ — die NPD-Abgeordneten ihre Hetztriaden vortragen könnten, ohne daß auch nur ein Abgeordneter aus den Reihen von SPD, CDU und Grünen dagegenhalte. Baier: „Ich mache das nicht mehr mit.“

Wenn man sich den Rechten nicht stellt, verliert man am Stammtisch und am Wahlabend.“ Auch Multikulturdezernent Dany Cohn-Bendit forderte die „offensive Auseinandersetzung“ mit der NPD und den anderen Parteien der Rechten. Vor allem müsse die CDU in die Auseinandersetzung mit dem rechten Spektrum hineingetrieben werden — „sonst ist plötzlich über Nacht die schwarz- braune Koalition da“. Der auch von den Medien in Frankfurt mitgetragenen NPD-Boykott der letzten drei Jahre, so Cohn-Bendit, habe nicht verhindern können, daß die Rechten für viele Menschen offenbar eine echte Alternative zu den etablierten Parteien wurden: „Unsere Strategie der Ausgrenzung hat nicht funktioniert. Ob die Strategie der Auseinandersetzung auch mit den Politikern der NPD und der Reps erfolgreicher sein wird, weiß ich nicht — aber wir müssen es ausprobieren.“

Michael Brumlik, der die These von den Protestwählern für ein „frommes Märchen“ hält, befürchtete, daß die Rechte diese neue Strategie zurecht als „Sieg“ feiern werde. Brumlik: „Cohn-Bendit muß aufpassen, daß er nicht zum ,Türöffner‘ für die Rechten wird, die bislang noch außerhalb des normalen Parteienspektrums stehen. Eine Normalisierung des Umgangs mit den Reps und der NPD wird letztendlich nur dazu führen, daß die Rechten für die Union koalitionsfähig werden.“ Am Ende der Debatte gingen die Diskutanten mit gemischten Gefühlen nach Hause. Im Grunde, so einer der Mitarbeiter, bleibe nur die Hoffnung darauf, daß die Rechten in Frankfurt bei den Kommunalwahlen tatsächlich mit drei Listen antreten (NPD, Reps und FWG) — „und alle unter der Fünf-Prozent- Marke bleiben“.