Neue Warenwege am Embargo vorbei

Deutsche Firmen brechen das Handelsembargo der UNO gegen Serbien und Montenegro — Einzelfälle?  ■ Von D. Riedel und C. Semler

Köln/Berlin (taz) — Deutsche Firmen versuchen offenbar, das Embargo gegen Serbien zu brechen. Der für Außenwirtschaft zuständige Gruppenleiter der obersten deutschen Zollfahndungsbehörde, Jürgen Rump, wollte gestern nicht ausschließen, daß von Serben erbeutete bosnische oder kroatische Stempel zur Falschdeklaration genutzt werden. Das berichtete gestern die Süddeutsche Zeitung.

Demnach versucht eine Reihe deutscher Unternehmen aus der Bekleidungsbranche, seine Güter aus Serbien zurückzuholen. Solange es sich dabei um Stoffballen handelt, die Betriebe zum Vernähen ins Billiglohnland Serbien gesandt hatten (zur „passiven Lohnveredelung“, so der Branchenjargon), wäre das legal. Der Embargobruch beginnt aber, wenn diese Firmen ihren Stoff als fertige Kleidung abholen lassen.

Friedhelm Sartoris, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Bekleidungsindustrie, wollte gestern „nicht leugnen, daß es den einen oder anderen Fall“ eines Embargobruchs gegeben haben könnte. Um große Summen geht es dabei nach Meinung Sartoris' nicht. Vor dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens hätte die Branche (Umsatz 30 Milliarden DM) Waren für rund 500 Millionen Mark aus dem heutigen Embargogebiet bezogen. Bereits vor einem Jahr jedoch hätten sich die meisten Firmen wegen der Kriegsgefahr zur „passiven Lohnveredelung“ in Richtung CSFR und Türkei umorientiert.

Zollfahnder Rump gab sich gestern trotz der einfachen Möglichkeit, das Embargo mit den geklauten echten Stempeln zu umgehen, optimistisch, Verstöße bei Betriebsprüfungen feststellen zu können. Das UNO-Embargo hat zuvor bereits bei der Unterbrechung der Ölzufuhr versagt. Daß Rumänien vor den Verlokkungen einer Barzahlung in Dollar in die Knie gehen und weiter über die Donau liefern würde, war Experten von Anfang an klar. Auch die Lieferungen aus Rußland gingen weiter. Spannend versprach die Haltung Griechenlands zu werden. Über den Hafen Thessaloniki waren noch 1990 1,2 Millionen Tonnen Rohöl via Makedonien nach Serbien verbracht worden. Die griechische Regierung hatte unmittelbar nach der Embargo- Resolution 757 erklärt, sie werde die Sicherheitsratsbeschlüsse buchstabengetreu erfüllen. Wie jetzt aber aus „gewöhnlich gut informierten Kreisen“ zu erfahren war, ist zwar der Öltransit durch Makedonien gestoppt, dafür aber ein unauffälliger Ausweichweg gefunden worden: Über Bulgarien, das „vergessene Opfer des Golfkriegs“. Auch dort lechzt man nach Transit-Dollars.