Wie Federn im Wind

■ Wasserlichtspiele in Planten un Blomen locken im Sommer hunderte Touristen

in Planten un Blomen locken im Sommer hunderte Touristen

Fanfarenklang. Eine Wasserfontäne steigt auf in die Abenddämmerung. Von Scheinwerfern angestrahlt hebt sie sich leuchtend ab vom dunklen Laub der Bäume. Paukenschlag. Die Fontäne fällt zusammen. Ah- und Oh-Rufe aus dem Publikum. Paukenschlag. „Meine sehr geehrten Damen und Herren. Herzlich willkommen zu dem farbigen Wasserlichtkonzert im Park Planten und Blomen. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen!“

An den Eingängen der Hamburger Grünanlage stehen Reisebusse aus Polen, Österreich, Holland, Finnland und Schweden. Vor Beginn des Konzerts spazieren die Besucher durch die Pflanzenvielfalt und posieren an den Teichen für Erinnerungsfotos. Im Café Tropengarten wird gar unter freiem Himmel zu Salsa-Rhythmen getanzt.

Unbeachtet von den Besuchern betritt ein älterer Herr die Bedienungsanlage an der Schmalseite des Beckens. Der Raum liegt versteckt zwischen Blumenbeeten. Das Pult mit der Tastatur und den Hebeln für die Wasserlichtorgel füllt den kleinen Raum fast aus. Seit 10 Jahren ist Herr Hornei verantwortlich für die Anlage. Während der Spielsaison von Mai bis September kommt er täglich von 15.00 bis 23.00 Uhr hierher. Zweimal täglich, um 16.00 und um 18.00 Uhr, bedient er die Wasserorgel.

Erst wenige Minuten vor Beginn des Konzerts kommen zwei weitere Akteure und nehmen ihre Plätze am Lichtklavier und an der Wasserorgel ein. Die heutige Anlage wurde 1973 zur Internationalen Gartenbau-Ausstellung eingeweiht. Sie löste ihre Vorgängerin aus dem Jahr 1938 ab, die auf der Asstellung „Schaffendes Volk“ mit 50 Meter Höhe nationalsozialistischen Größenwahn demonstrierte.

Nach der Begrüßung verkündet die Frauenstimme aus den Lautsprechern: „Carl Orff entführt Sie in die Vergangenheit. Hören Sie Oh Fortuna aus Carmina Burana.“ Eine massive Wasserwand und Schrägfontänen zu dramatischem Chorgesang. Dann wird die Musik leicht und leise. Dazu sprudeln einzelne kleine Fontänen und 10 Wasserkreisel, die sogenannten Tänzerinnen, drehen sich wie Primaballerinen. Im schnellen Takt der Bögen, die auf den Saiten der Streichinstrumente hüpfen, blinken sie im violetten Licht.

„Die Tänzerinnen sind etwas schwach auf der Brust“, findet die Frau am Lichtklavier. Die letzten Takte von Carmina Burana verklingen, Lichter und Fontänen erlöschen und Tropfenwolken senken sich auf die Wasseroberfläche. Applaus. Wieder die Stimme aus dem Lautsprecher „Mystisch geht es weiter mit Sadness aus dem Album Enigma.“ Vor allem wird es jetzt richtig bunt. Vor einer hellgrünen Wand sprudelt rubinrotes Wasser, umrahmt von einem gotischen Bogen in lila, orangefarbene Tänzerinnen im Vordergrund. Eine Punkerin in der Loge stößt ihren Freund mit dem Ellenbogen an: „Rot ist voll die obergeile Farbe!“

Nach sieben Wochen werden die Musikfolgen gewechselt. Die Spieler haben 20 Probestunden, um eine neue Choreographie einzustudieren. Geübt wird vorwiegend trocken, ohne die Wassermassen zu bewegen. Die Generalproben finden nach Beendigung der regulären Abendvorstellung statt.

Mit einer fröhlichen Ouvertüre endet das Konzert. Erst färbt sich das Wasser grün und weiß, dann hellblau und rosa. Die Schrägfontänen wedeln wie Straußenfedern im Wind. Regine Christiansen