Geflügelzüchter klagen über unlaurere Konkurrenz

■ Hühnermassaker in Guatemala

Hühnermassaker in Guatemala

Managua (taz) — In Guatemala hält seit zwei Wochen ein Disput zwischen Hühnerzüchtern und Hühnerimporteuren die Nation in Atem. Seit die Regierung in einer überraschenden Kehrtwende der traditionellen Politik die Einfuhr von Hühnerklein aus den USA erlaubte, stehen die Eigner von Geflügelmastbetrieben auf den Barrikaden. „Man will uns die Flügel stutzen“, jammerte die Vereinigung der Geflügelzüchter vor ein paar Tagen in einer ganzseitigen Zeitungseinschaltung. „Wir verlangen keine Privilegien und keine Protektion. Wir haben keine Angst vor dem freien Wettbewerb, aber man darf uns nicht die Hände binden.“ Bei der Importware aus den USA handelt es sich nämlich um zweite Wahl, die zu Dumpingpreisen ins Ausland abgestoßen wird. Umgekehrt scheitert der Export guatemaltekischer Hühner in die USA an den strengen Sanitätsvorschriften, mit denen dort die heimische Produktion geschützt wird.

Wenn die Regierung die unlautere Konkurrenz nicht ausschaltet, dann müssen die Geflügelzüchter über kurz oder lang ihre Betriebe einstellen, lautete die Drohung der Standesvertretung: 300.000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Doch die Regierung, für die der Freihandel eine Prinzipienfrage ist, blieb unerbittlich auf der Seite der Importeure. Da griff einer der größten Hühnermäster zu einem ebenso drastischen wie publizitätsträchtigen Mittel: in einer vorher angekündigten Protestaktion ließ er 25.000 frisch ausgeschlüpfte Küken kurzerhand ersäufen. Denn die Aufzucht der Junghühner sei unternehmerisch nicht zu rechtfertigen.

Die durch die alltägliche Gewalt und Enthüllungen über Massaker der Armee an der indianischen Hochlandbevölkerung abgebrühte Öffentlichkeit reagierte mit einem Aufschrei der Empörung. Tagelang beschäftigte der Hühnermord die Medien. Denn gerade in Guatemala, wo zwei Drittel der Bevölkerung täglich um das nackte Überleben kämpfen, hätte es andere Möglichkeiten gegeben, sich der unwirtschaftlichen Körnerfresser zu entledigen. „Wir würden die Hühner an Sozialeinrichtungen verschenken, wenn wir zusperren müssen“, erklärte prompt der Vorsitzende der Standesvertretung, Dionisio Gutierrez. Der Skandal schlug solche Wellen, daß sich der Innenminister erstmals seit Menschengedenken entschloß, von Amts wegen ein Verfahren wegen Tierquälerei einzuleiten. Dem Hühnermörder drohen jetzt maximal 20 Tage Freiheitsstrafe. Ralf Leonhard