Zwei Mark für einen Tag im KZ

■ Ehemaliger Buchenwald-Häftling besucht Bremen / Rente reicht nicht mehr

„Kann ich nicht eine kleine Rente bekommen, solange die Krise in meinem Land dauert“, fragte Fjodor Konkov im September 1991 den Bundeskanzler in einem Schreiben. Die Antwort erhielt er vom Bundesfinanzministerium, das ihn darauf hinwies, daß die Sowjetunion auf alle Entschädigungsleistungen für Opfer des 2. Weltkrieges verzichtet habe.

Konkov ist derzeit als Gast der Abrüstungsinitiative der Bremer Kirchengemeinde, der Angestelltenkammer, der VVN und anderer Gruppen in Bremen. 1925 wurde er in Tangerog als Sohn eines Fischers geboren, 1942 als Zwangsarbeiter von den Nazis nach Danzig verschleppt, schließlich im KZ Buchenwald bis zum Kriegsende interniert.

Diese Jahre. Unvorstellbar. Jeden Tag vom Hunger- und Erschöpfungstod bedroht, die „meterhohen Flammen des Krematorium-Schornsteins“ vor Augen. Konkov versucht, sie als Zeitzeuge während seines Besuchs gerade denen zu vermitteln, die den 2. Weltkrieg nur aus den Geschichtsbüchern kennen. Vor allem die Schüler liegen dem ehemaligen Lehrer am Herzen. Konkov arbeitet heute, 67jährig, als Dolmetscher für die russisch-orthodoxe Kirche in Moskau, „weil die Rente nicht reicht.“

Die Grundlagen für diese Tätigkeit schuf er sich als goethe

Fjodor Konkov, im Hintergrund: Horst HackenbroichFoto.Tristan Vankann

und schillerbegeisterter Schüler: „Am liebsten wäre ich selbst Deutscher gewesen“, erzählte er gestern. 1942 erfuhr er am eigenen Leib, „daß nicht alle Deutschen so edel wie Schiller sind“.

Seine Zeichen- und Malfähigkeiten halfen ihm, die Jahre in Buchenwald zu überleben. Durch seine Portraits konnte er seine Essensrationen aufbessern. „Ich malte und bekam etwas zu essen dafür.“ Es reichte zum Überleben.

hier bitte

die beiden

älteren Herren einkleben

Das Malen half ihm auch bei seiner Rückkehr in der Heimat: Im KGB-Lager malte er die Offiziere und durfte schließlich nach Leningrad, dem heutigen St.Petersburg, um dort Deutsch, Englisch, Französisch zu studieren. Nachdem er einige Jahre als Lehrer gearbeitet hatte, begann er 1961 als Dolmetscher tätig zu werden: Die Arbeit, die er auch heute noch ausübt.

Seit der Auflösung der Sowjetunion reicht das Geld einfach

nicht mehr. Mit den politischen Veränderungen in seinem Land stiegen die Preise so sehr, daß Fjodor Konkov auf Unterstützung angewiesen ist. Hier in Bremen erfährt er, was die im KZ verbrachten Lebensjahre wert sind. „Zwei Mark pro Hafttag“ erzählt ihm Horst Hackenbroich. Soviel wurde ihm, dem letzten noch lebenden ehemaligen Buchenwaldhäftling aus Bremen, als „Entschädigung“ bezahlt. Marion Bosse