Noch ein Vorschlag

■ Betty Carter im Quasimodo

Der November ist traditionell ein Monat des Jazz. Im Schatten des Jazzfestes geben sich die Stars der improvisierten Musik regelrecht die Klinke in die Hand, wenn sie von den auswärtigen Festivals zu einem Clubausflug nach Berlin aufbrechen. Ort der Handlung ist – schon fast selbstverständlich – das Quasimodo. Dessen Programm liest sich in diesen Wochen, völlig unspektakulär, wie ein Auszug aus dem Who's who des zeitgenössischen Mainstream-Jazz. Leicht übersieht man was.

Daß der alljährliche Liebling der downbeat-Kritiker in Sachen weiblicher Jazzgesang, Betty Carter, heute abend mit ihrem Trio auf der intimen Quasi-Bühne steht, sollte aber auf keinen Fall übersehen werden. Sie ist ganz einfach die Grande Dame des Scatgesangs. Schon in den fünfziger Jahren wurde sie von Billie Holiday als Betty Bebop verehrt. Tiefverwurzelt im afroamerikanischen Jazz der Nachkriegsära, ist ihre Karriere eng verknüpft mit den Höhen und Tiefen des Kampfes um schwarze Selbstbestimmung im amerikanischen Musikbusiness. Vor über 30 Jahren bereits stand sie mit Miles Davis und Thelonious Monk auf der legendären Apollo-Bühne in Harlem, machte Plattenaufnahmen mit Ray Charles und ging zusammen mit Sonny Rollins auf Welttournee. Für die Musiker-Community wurde sie zur Institution, zum Inbegriff für kompromißlosen, unkommerziellen und akustischen Jazz. Die Jazzer sollten sich ihrer Zuständigkeit für musikalische Alternativen erinnern und von ihren Ausflügen in Free Jazz und Fusion den Weg zum schwarzen Publikum zurückfinden, war stets ihre Meinung. Ein musikalisches Plädoyer für Reinheit und Tradition. Christian Bröcking

Betty Carter & Trio im Quasimodo, Charlottenburg, Kantstraße 12a, 22 Uhr