Das Land teilen oder die Macht?

■ Die Unita kontrolliert halb Angola/ Regierung scheint zu Unita-Ministern bereit

Mit nur zehn Millionen Einwohnern auf der doppelten Fläche Frankreichs ist Angola geradezu menschenleer. Die Mehrheit der Bevölkerung ist in drei Jahrzehnten Krieg – erst gegen die portugiesischen Kolonisatoren, dann zwischen den verschiedenen politischen Bewegungen des Landes – an einige wenige Städte an der Küste gezogen, wenn sie nicht zum Kämpfen rekrutiert wurde oder darin zu Tode kam. Damit ist Angola heute so gut wie zweigeteilt: zum einen der Gürtel entlang der Atlantikküste, dem Ausland zugewandt, von südafrikanischen und französischen Investitionsinteressenten bis hin zu brasilianischen Fernsehschnulzen; und dem entgegenstehend das in weiten Teilen unerschlossene und kriegsgeschundene Hochland mit seinem ungeheuren Agrar- und Bergbaupotential.

Meldungen aus Angola bestätigen, daß die in der vergangenen Woche vereinbarte Waffenruhe zur Zeit überwiegend eingehalten wird. Dennoch ist durch die Kämpfe zwischen der Regierung und der Rebellenbewegung Unita unter Jonas Savimbi in den vergangenen Wochen Angola auf dem besten Weg, auch politisch geteilt zu werden. In der Offensive der letzten zehn Tage hat die Unita von ihrer Hochland-Bastion Huambo aus die meisten Städte im Süden und im Zentrum Angolas unter ihre Kontrolle gebracht, bis nahe vor die im Nordwesten gelegene Hauptstadt Luanda. Sie verfügt damit über ein praktisch autonomes Herrschafts- und Wirtschaftsgebiet, in dem sie sich vor allem mittels eifrigen Diamantenschürfens finanziell über Wasser hält.

Schon Ende September, als Jonas Savimbi und seine Organisation die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen verlor, war über eine Teilung Angolas spekuliert worden. Demgegenüber stand die Vermutung, der durch seinen von Savimbi nicht anerkannten Sieg geschwächte Staatspräsident Eduardo dos Santos könnte vor allem auf südafrikanisches Drängen hin gezwungen werden, Savimbi mit in die Regierung aufzunehmen. Beide Möglichkeiten stehen nach wie vor offen, wobei die Unita jetzt, da sie auf militärischem Wege die faktische Aufteilung des Landes vollzogen hat, am längeren Hebel zu sitzen scheint.

Daß die Unita versuchen könnte, auch die Hauptstadt Luanda einzunehmen, erscheint vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich. Die schweren Kämpfe in Luanda waren vielmehr ein Einschüchterungs- und Ablenkungsmanöver, wobei nicht verkannt werden sollte, daß die Regierung die Unita-Präsenz aus der Hauptstadt zu entfernen versucht hat. Dabei hat die Unita Federn lassen müssen. Viele ihrer Führungsmitglieder sind tot oder in Gefangenschaft. Unterdessen hat Staatschef Dos Santos den Generalsekretär der regierenden MPLA, Marcolino Moco, zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Der 40jährige Moco gehört dem Volk der Ovimbundu an, aus dem sich rund 90 Prozent der Unita-Kämpfer rekrutieren. Seine Ernennung soll, so wird vermutet, einer zukünftigen Regierungsbeteiligung der Unita den Weg ebnen. In der neuen Regierung sollen mehrere Ministerposten für die Unita freigehalten werden, hieß es.

Mit der neuen Machtkonstellation ist die nächste Runde im Kampf um die Macht in Angola nur eine Frage der Zeit. Die bis zu 15.000 Toten in zehn Tagen Krieg werden nicht die letzten gewesen sein. Dominic Johnson