Mitsotakis stellt sich quer

■ Gespräch mit Vance und Owen/ Kompromißvorschlag der EG zum Mazedonien-Streit/ Griechisches Nein zum Namenszusatz „Slawische Republik“

Genf (taz) – Mit einem neuen Kompromißvorschlag im Streit um die von Griechenland verweigerte Anerkennung Mazedoniens hoffen die anderen elf EG-Staaten die Ausweitung des Kriegs auf die südlichste der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken verhindern zu können. Der EG-Sonderbeauftragte für die Mazedonienfrage, Robin O'Neill, legte den Kompromiß am Montag in Athen vor.

Bei einer Begegnung mit dem griechischen Regierungschef Konstantin Mitsotakis drängten gestern nachmittag in Genf die beiden Vorsitzenden der Jugoslawienkonferenz, Vance und Owen, auf eine Annahme des Vorschlages. Von Genf aus reiste Mitsotakis weiter zu Gesprächen mit den Regierungen in Paris, London und Bonn. Bundesaußenminister Klaus Kinkel bot sich unterdessen in einem Schreiben an die Athener Regierung als Vermittler an.

Der noch unveröffentlichte EG- Vorschlag enthält nach Informationen der taz drei Punkte: die EG erkennt den unabhängigen Staat Mazedonien unter diesem Namen an. Um den Griechen die Sorgen vor eventuellen Gebietsansprüchen des neuen Staates auf ihre gleichnamige nördlichste Provinz zu nehmen, soll dem Namen ein Zusatz beigefügt werden – wahrscheinlich „slawische Republik“. Zum zweiten sollen die Mazedonier ihre Verfassung an den Stellen ändern bzw. klarstellen, die die Griechen bislang zur Begründung ihrer Sorgen herangezogen haben. Dabei handelt es sich um Verfassungspassagen, in denen die Souveränität des neuen Staates nach griechischer Auffassung nicht eindeutig und ausschließlich territorial, sondern auch ethnisch-national definiert ist. Schließlich soll die Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien international garantiert werden – entweder durch die KSZE oder die UNO.

Aus der Delegation von Mitsotakis verlautete gestern in Genf, eine Anerkennung Mazedoniens unter diesem Namen komme „unter keinen Umständen in Frage“. Dies würde Mitsotakis, der unter erheblichem Druck rechtsnationaler Kräfte, aber auch der sozialistischen PASOK steht, „politisch nicht überleben“. Weil es bislang die Anerkennung verweigert, blockiert Griechenland seit August die Grenze zu Mazedonien und läßt keine für diesen Staat bestimmten Waren mehr durch.

Mazedonien steht kurz vor dem völligen wirtschaftlichen Kollaps. Die Ölvorräte reichen nach Anfragen der Regierung in Skopje noch für vier Tage. Aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Lage kam es in den letzten Wochen bereits zu erheblichen Spannungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Andreas Zumach