Auf meinem Tanker bin ich Bruchpilot

■ Griechischer Tanker vor Spaniens Nordküste leckgeschlagen, die Strände dick mit Öl bedeckt

Madrid (taz) – Mit schöner Regelmäßigkeit lassen geborstene Tanker ihre schwarze Ladung in die Weltmeere, fast dreißig Großunfälle sind seit 1978 verbürgt. Gestern kam einer dazu. Eine riesige schwarze Wolke breitet sich seitdem über der nordspanischen Hafenstadt La Coruna aus und verdunkelt den regenlosen Tag. Um fünf Uhr morgens war der griechische Öltanker „Egean Sea“, der in der Nähe des Hafens geankert hatte, durch ein heftiges Gewitter gegen Felsen geschleudert und schlug leck. Fünf Stunden später explodierte der Tanker, der fast 80.000 Tonnen Rohöl geladen hatte, und brach auseinander.

Die Ladung des Ölriesen ergoß sich weitgehend ungehemmt ins Meer, während sich über dem Schiff eine riesige dunkle Rauchwolke bildete, die langsam ostwärts wehte. Von der dreißigköpfigen Besatzung waren kurz nach dem Unglück 28 von Hubschraubern geborgen worden, die sechs restlichen mußten von Bord springen und wurden von Rettungsbooten aufgefischt. Dabei wurde ein Matrose leicht verletzt. Es ist das 15. Tankerunglück vor spanischen Küsten seit 1979 und das dritte an der Küste vor La Coruna.

Nachdem es in der Frühe leicht geregnet hatte, was die Flammen dämpfte, schien gestern nachmittag die Sonne. Zu Redaktionsschluß waren die Brände auf den Schiffresten noch nicht gelöscht, immer neue dicke Rauchwolken entwickelten sich. Zwar beeilten sich Techniker der spanischen Erdölfirma Repsol sowie der Zivilgouverneur von La Coruna zu versichern, der Rauch sei völlig unschädlich. Doch gleichzeitig ordneten die Behörden die Evakuierung mehrerer tausend Menschen an, die in Küstennähe wohnten. Die Einwohner der Stadt wurden aufgefordert, auf die Benutzung ihrer Autos zu verzichten; Schulen blieben geschlossen.

Am frühen Nachmittag wurden die ersten Opfer der Luftverschmutzung mit Atembeschwerden in Kliniken eingeliefert. Umweltschützer der Gruppe Biotopo aus La Caruna warnten der taz gegenüber, sobald der Wind etwas drehe und stadteinwärts blase, müsse mit einer Evakuierung der Großstadt gerechnet werden.

Ungebremst liefen unterdessen aus dem brennenden Schiff die Rohölmassen aus. Die Umweltschützer berichteten der taz, sie hätten an einem wenige Kilometer von der Stadt entfernten Strand eine 30 Zentimeter hohe Ölschicht entdeckt. Eine riesige Öllache bedecke inzwischen den gesamten Küstenbereich vor der Stadt. Die ersten ölverseuchten Möwen und Kormorane seien entdeckt worden. Das Auslaufen des Öls sei nicht zu verhindern, solange der Brand nicht gelöscht sei. Der Einsatz physischer Barrieren, die die Verbreitung der Ölpest verhindern können, ist offenbar beschränkt, auch wenn die Handelsmarine versicherte, die Muschelbänke der Umgebung seien nicht bedroht.

Die Ölpest ist nicht nur für die Küste der Stadt, die durch ständigen Tankerverkehr zur Raffinerie von La Coruna ohnehin mitgenommen ist, gefährlich. Sie droht auch, durch die rias genannten Buchten ins Landesinnere zu gelangen. Sie ziehen sich tief ins Land hinein, in ihnen vermengt sich Süßwasser mit dem Meereswasser und erzeugt eine vielfältige Flora und Fauna. Antje Bauer Kommentar Seite 10