Jacquot de Nantes

■ Neu im Kino: Eine Liebeserklärung

hierhin die Matrosen

und Jungs auf der Straße

Der französische Regisseur Jacques Demy ist Ende 1990 gestorben. Er war ein gutaussehender Mann, mit grauen Schläfen, dunklen Augenbrauen und wachen, freundlichen Augen. Er war verheiratet mit Agnes Varda, ebenfalls Regisseurin. Sie hat nun einen Film über ihren Ehemann gedreht:Jacquot de Nantes.

Zwei-, dreimal fährt die Kamera ganz nah über die Haut von Demy, tastet jeden Altersfleck sorgsam ab. Oder sie schwebt sehr dicht über seinem Haar, als wollte sie den Mann sanft streicheln. Sie muß ihren Mann sehr geliebt haben.

Jacquot de Nantes ist die Geschichts der Jugend Demys von 1939 bis 1949. Erzählt wird die Geschichte eines Jungen, der Filmregisseur wurde, obwohl er Automechaniker werden sollte. Der kleine Jacques, genannt Jacquot, hatte eine „unbeschwerte Kindheit“. Seine Eltern waren lieb zu ihm, aber auch mal streng. Die beredte Großmutter kannte viele interessante Geschichten, und in der väterlichen Autowerkstatt gab es immer etwas Spannendes zu beobachten. Falls es doch einmal langweilig wurde, war da immer immer noch Bruder Yvon. Ein munteres Kerlchen, genau wie Jacques.

Agnes Varda ist ein kleines filmisches Kunststück in Schwarz-Weiß gelungen. Auf der einen Seite macht sie mit der Verbindung verschiedener Filmebenen deutlich, was für ein Mensch ihr Mann eigentlich war. Mit Ausschnitten aus seinen Filmen, kurzen, dazwischengeschnittenen Statements von Demy und Einblendungen aus der Jetzt-Zeit zeigt sie, wie sehr die Erlebnisse des jungen Jacquot den erwachsenen Jacques prägten. Auf der anderen Seite vermeidet es Frau Varda mit den Spielszenen aus Demys Jugend, die den Film zusammenhalten, ins rein Dokumentarische abzurutschen.

Gedreht wurde ausschließlich an Originalschauplätzen.

Das Marionettentheater, in dem der kleine Jacquot zum ersten Mal von einer eigenen Karriere als Regisseur träumte, gibt es noch. Aus Kartons baute er sich ein kleines Puppentheater, fertigte selbst die Figuren und begann zu spielen. In einem Trödelladen tauschte er für ein paar Bücher und einen Baukasten seine erste Handkamera ein. Nun war er Filmemacher.

Agnes Varda begleitet den Weg des Jungen mit liebevoller Genauigkeit. Später, nach dem Einmarsch der Deutschen, wird Jacquot mit seinem Bruder auf's Land verschickt. Bei einem Holzschuhmacher und dessen Frau genießen sie das Leben abseits der Kriegsschrecken.

Jacquot de Nantes ist die brillante Umsetzung eines Lebensabschnittes in Bilder. Hier ist die Gelegenheit, im Kino einen Menschen, der nicht mehr lebt, kennenzulernen. Ein toller Film: unterhaltsam, informativ und ganz bestimmt nicht nur für frankophile Kinogucker. J.F.Sebastian

Kommunalkino im Cinema Ostertor, heute bis Donnerstag um 18.45 Uhr, Original mit Untertiteln