Honecker zu Weihnachten nicht allein

■ Im Gefängnis Moabit gibt es an den Feiertagen Menüs aus Ostberliner Küche/ Solidaritätskomitee kündigt Besuch an

Berlin. Erich Honecker wird Weihnachten nicht allein sein. Freunde und Anhänger aus alten Tagen haben Besuche in dem rot verklinkerten Untersuchungsgefängnis von Moabit angekündigt. „Ich werde noch heute eine Besuchserlaubnis beantragen“, kündigte gestern Klaus Feske an, der Sprecher des über 100 Mitglieder starken „Solidaritätskomitees für Erich Honecker“. Auch nach der Gerichtsentscheidung, den schwer leberkrebskranken Ex-SED-Chef bis ins neue Jahr hinein in Haft zu lassen, „wird die Solidarität nicht enden“.

An den Weihnachtsfeiertagen wird sich im Alltagstrott des 80jährigen Untersuchungshäftlings mit der Nummer 244/92 nur wenig ändern. Die Anstalts-Speisekarte kündigt für Heiligabend als Festtagsmenü „Brühreis, Rindfleisch, Möhren und Sellerie“ an. Am ersten Feiertag wird in der Sparte „leichte Vollkost“ Kalbsbraten mit Rosenkohl aufgetischt. Eine besondere Ironie der Geschichte ist es, daß die Moabiter Haftanstalt mit etwa 1.200 Insassen von einer Ostberliner Großküche beliefert wird, die zu DDR-Zeiten als „VEB Berliner Städtische Großküchen“ unter anderem Schulen zwischen Pankow und Köpenick versorgte. Der kaufmännische Geschäftsführer Andreas Dix meint: „Bisher gab es aus der Haftanstalt noch keine Beschwerdebriefe.“

Ob der im Haftkrankenhaus untergebrachte Honecker den ebenfalls in dem düsteren Jahrhundertwende-Bau einsitzenden Erich Mielke sehen wird, ist noch ungewiß. „Es besteht nach wie vor eine Trennungsanordnung“, sagt Justizsprecherin Uta Fölster. Die könne aber vom Gericht für die Feiertage durchaus noch aufgehoben werden. Auch ein Kirchgang innerhalb des Gefängnisareals müßte von den Richtern genehmigt werden: Offen ist, ob der als Atheist bekannte Honecker dies überhaupt will.

Für Honecker werden die Weihnachtsstunden nicht leicht sein. Stimmen die medizinischen Gutachten, könnte es sein letztes Fest sein. Anwalt Friedrich Wolff betont immer wieder, daß der „letzte Wunsch“ des einst mächtigsten Mannes des anderen deutschen Staates ein Wiedersehen mit seiner in Chile lebenden Familie sei. Lieber wäre ihm sogar ein Leben außerhalb von Gefängnismauern in Deutschland. Vor einem Jahr hatte Honecker die Festtage mit Ehefrau Margot in der chilenischen Botschaft in Moskau verbracht. Von einem tödlichen Leberkrebs wußte er damals noch nichts. dpa