PDS-Fraktion im Rathaus kopflos

■ PDS-Fraktionschefin Lötzsch nach Kampf zweier Linien zurückgetreten

Berlin. In der PDS-Fraktion des Abgeordnetenhauses ist der Kampf zweier Linien offen ausgebrochen. Zwei Gruppen stehen sich zur Zeit wenig versöhnlich gegenüber und streiten um die rechte Weise der Oppositionspolitik. Die Debatte darum geht bereits seit längerem, doch hat sie sich jetzt zugespitzt, nachdem am Dienstag abend die Fraktionsvorsitzende Gesine Lötzsch ihren Rücktritt erklärt hat. Diesem Schritt war eine längere Diskussion innerhalb der Fraktion über vorhandene Meinungsverschiedenheiten vorausgegangen, ohne daß eine Annäherung erzielt werden konnte.

Ausgelöst wurde diese Debatte durch ein Papier einer siebenköpfigen Gruppe innerhalb der Fraktion um den Abgeordneten Harald Wolf, in dem die bisherige Arbeit der Fraktion kritisiert wurde. Die Autoren bemängelten, daß Positionen zu bestimmten Politikfeldern nicht konsequent genug eingenommen werden. So habe die Fraktion lange Zeit zur Olympiabewerbung eine zum Teil zustimmende Haltung eingenommen, bis sie ins Lager der Olympiagegner schwenkte. Dabei habe man, erklärte die Mitautorin des Papiers, Karin Dörre, nicht vermittelt, wie die Positionswendung zustande kam. Die gleichen Mängel machte sie in der Hauptstadtfrage aus.

Als Antwort auf diese Kritik hatte Lötzsch am Dienstag ein eigenes Papier vorgelegt, in dem sie als eine der wesentlichen Aufgaben der Fraktion den Kampf gegen die Benachteiligung Ostberlins benannte. Wie die Fraktionssprecherin Katharina Grell erklärte, gebe es zwischen der Gruppe um Wolf und der um Lötzsch ein unterschiedliches Verständnis der parlamentarischen Arbeit. Während die bisherige Fraktionsvorsitzende für eine „konstruktive Oppositionsarbeit“ stehe, verfolge Wolf die Linie einer radikalen Opposition. Da man sich bis heute über die Schwerpunkte nicht einigen konnte, habe Lötzsch ihr Amt niedergelegt. Allerdings hat sie sich vorbehalten, erneut zu kandidieren. Am kommenden Dienstag will die Fraktion die unterschiedlichen Linien weiterdiskutieren. Dabei wird auch die Umgehensweise mit der Stasi-Vergangenheit eine Rolle spielen. Bislang hat die Fraktion noch nicht geklärt, welche Konsequenzen sie aus den möglichen Ergebnissen des Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses ziehen will. Vor diesem Gremium werden in den nächsten Wochen die von Gauck belasteten PDS-Abgeordneten Wolfgang Girnus und Dagmar Pohle Rede und Antwort stehen müssen. Der Abgeordnete Dieter Klein, der ebenfalls vom Ausschuß überprüft wird, war bereits im Januar von der Fraktion ausgeschlossen worden. Dörre rechnet damit, daß trotz der offenen Fragen am kommenden Dienstag eine Fraktionsvorsitzende gewählt wird. Bislang ist Lötzsch die einzige Kandidatin, doch das, so Dörre, muß nicht so bleiben. dr