■ Neu in Cinema
: "Zeit der Träume"

Neu im Cinema

"Zeit der Träume“

Wer Interesse am nordafrikanischen Film hat — oder wer sich von Namen gerne sinnlich berühren läßt — wird sich für den tunesischen Film Halfaouine von Ferid Boughedir interessieren. Halfaouine-das klingt fernländisch-vielversprechend. Derlei Projektionen werden vom Untertitel, „Zeit der Träume“ , noch befördert. Doch mit den Träumen ist das so eine Sache — vor allem wenn es die persönlichen Träume anderer sind. Jungenträume noch dazu.

Noura, der 12jährige Hauptdarsteller im Film, ist in der Pubertät. Nicht zu knapp. Ein paar ältere Jungen machen ihm vor, was den jungen Mann im Halfaouine-Viertel von Tunis interessiert: Frauen. Nicht Frauen, wie sie leiben und leben, eher nur ihre Brüste - und was sonst unter der Kleidung verborgen bleibt. Genauso reduziert werden auch die Jungen in Szene gesetzt: von Busen gelähmt können sie an nichts anderes mehr denken.

Auf der Suche nach männlicher Identität geht der Film der penetranten Frage nach: „Wodurch kann man ein Mann werden?“ Noura fragt auch seinen besten Freund, den Schuster Salih. Aber der spricht darüber nicht, Noura alleine Antwort suchen.

Der Film will die sexuellen Sehnsüchte eines Heranwachsenden nachvollziehen. Aber die Entdeckungsreise zum männlichen Ich verflacht zwischen oberflächlichen Anmache-Klischees. Uninteressant und quälend zieht sich die ausweglose Suche des Jungen in filmische Länge, manisch inszeniert — Melonen, Birnen, Brüste — aber ganz ohne Feuer und ohne innere Entwicklung. Immer dasselbe Starren und Grabschen und Starren — von erwachender Sinnlichkeit keine Spur.

Das offene Durchbrechen sexueller Tabus könnte im islamisierten Nordafrika für den Film ein Aufführungsverbot bedeuten. Das macht seine Bedeutung aus — wie sehr begrenzt seine Aussage auch ist, in dieser Hinsicht ist der Film eine Provokation.

Eva RhodeCinema, bis 9.3.,19.15