Weiter warten auf Radio Lora

■ Wie eine Allianz von Dudelfunkern und CSU ein alternatives Radio in München verhindert

Ein linksalternatives Bürger- Radio in Bayerns Landeshauptstadt München? Den Gedanken finden nicht nur Preußen mit hartnäckigen Vorurteilen ungewöhnlich, auch der bayerische Umweltminister und Münchner CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler hat Probleme mit dieser Vorstellung. In Kabinettssitzungen warnte er seine Ministerkollegen, „auf der linken Seite genauso aufzupassen wie auf der rechten“ und erklärte, er wäre „genauso dagegen, wenn die (rechtsextreme) Nationalzeitung einen eigenen Sender beantragen würde“.

In einem Brief an Max Streibl forderte Gauweiler den Noch- Landesvater auf, das geplante Bürgerradio „Lora München“ unter allen Umständen zu verhindern. Dabei ist ein wirklich extremistischer Anbieter auf der Frequenz 89,0 MHz, wo das „Lora“-Fenster ausgestrahlt werden soll, bereits seit Jahren auf Sendung: Der erzkatholische „Rundfunk Neues Europa“. Doch den läßt Gauweiler rechts liegen.

Angst vor Grünem in homöopathischen Dosen

Was Gauweiler aus Sorge um die Verfassung schlaflose Nächte bereitet, ist ein Lokalradio, das kritisch über Kommunales berichten, ein Bürger- und Ausländerprogramm machen und Musik spielen will, die nicht stromlinienförmig ist wie bei der Kommerzkonkurrenz. Politisch soll es nach den Worten von Geschäftsführer Eberhard Efinger irgendwo zwischen den Grünen und der SPD angesiedelt sein. Und das in eher homöopathischen Dosen: zehn Stunden wöchentlich, je zwei an jedem Werktag, wird Lora senden.

Wenn es sendet. Denn vorerst hat eine Allianz aus Dudelfunkern und Teilen der CSU den Sendestart verhindert. Der 50köpfige Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) hatte „Lora“ nämlich nicht als eigenständigen Anbieter zugelassen, sondern nur als Zulieferer, um den Bedenken der konservativen Vertreter Rechnung zu tragen. Bis zum Ende des Jahres, wenn eine grundlegende Neuordnung der Münchner Rundfunkfrequenzen ansteht, sollte sich „Lora“ bewähren dürfen – probeweise und unter scharfer Beobachtung.

Doch diese schwache Rechtsposition nutzten die Programme „89 Hit FM“, „Radio 2 Day“ und der katholische „Rundfunk Neues Europa“, die sich ihre Frequenz mit „Lora“ teilen sollen. Sie sorgen sich, daß ihre Hörer und Werbekunden verschreckt werden könnten, wenn sie plötzlich mit Inhalten und Vielfalt konfrontiert werden. „89 Hit FM“ und „Radio 2 Day“ klagten gegen das Verfahren, mit dem ihnen der neue Kollege aufgedrückt werden sollte. Das Münchner Verwaltungsgericht gab ihnen recht, erklärte den „Zulieferstatus“ für unzulässig und verhinderte den Sendestart am 5. April.

Da auch andere Anbieter mit diesem Status senden, fürchtet die BLM nun eine Folge weiterer Einsprüche. Ihr Präsident Wolf-Dieter Ring kündigte an, notfalls bis in die letzte Instanz gegen das Urteil zu kämpfen. Und solange wird vermutlich auch „Lora“ nicht senden. Theoretisch könnte der Medienrat zwar dem Lokalradio einfach den Status eines Anbieters zusprechen und so die Ausstrahlung des Programms durchsetzen, aber jede weitere Abstimmung im Medienrat bedeutet ein Risiko für die Alternativfunker: Ob sich die konservative Mehrheit des Gremiums angesichts der Proteste Gauweilers noch einmal pro „Lora“ entscheiden wird, ist ungewiß.

Das Urteil der nächsten Instanz, des Bayerischen Verwaltungsgerichts, wird für Ende dieses Monats erwartet – für den Fall eines Sieges von BLM und „Lora“ hat die Gegenseite bereits angekündigt, in die Berufung zu gehen. Eberhard Efinger und seine MitarbeiterInnen warten also und überlegen sich in der Zwischenzeit, ob sie die angemieteten Studioräume in der Zwischenzeit nicht wieder aufgeben sollen, um die Kosten zu minimieren; wie sie das Programm später finanzieren werden, nachdem erste Werbekunden wegen der Hängepartie wieder abgesprungen sind und warum ein kleiner Lokalsender in Bayern von der großen Politik so überschätzt wird. Stefan Niggemeier