■ Mit dem Iran auf du und du
: Der Klerus ist schuld

Berlin (taz) – Bei den gestrigen Wahlen im Iran wurde höchstwahrscheinlich der bisherige Präsident Haschemi Rafsandschani wiedergewählt – trotz des Unmuts in der Bevölkerung über die dramatische Verschlechterung der Lebensverhältnisse. Rafsandschani steht für einen Kurs, der das Land in Richtung Marktwirtschaft führen soll. Seine Reformen zielten zunächst auf die Förderung des Privatsektors. Jetzt wurde auch noch die Landeswährung Rial um 90 Prozent abgewertet mit der Begründung, ohne einen realistischen Wechselkurs seien Geschäfte mit dem Ausland unmöglich. Dies traf die Bevölkerung schwer, denn durch die Abwertung verteuern sich die Importe, und dadurch steigt die Inflation, inzwischen auf etwa 30 Prozent.

Ein großes Problem Rafsandschanis ist die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Erdöl. Die Einkünfte daraus sinken seit Jahren dramatisch. Daher will Rafsandschani stärker andere Bereiche fördern. Zugleich will er die Ölförderkapazitäten ausbauen und modernisieren. Beides geht nicht ohne westliche Investoren. Denen aber fehlt das Vertrauen in die Berechenbarkeit der Islamischen Republik.

Noch größer ist das Problem der Auslandsverschuldung in Höhe von 30 Milliarden Dollar. Allein 18 Milliarden davon sind seit dem Amtsantritt des Präsidenten vor vier Jahren, also seit dem Ende des Krieges mit dem Irak, aufgelaufen. Mittlerweile hat der Iran Schwierigkeiten, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Rafsandschani scheint allerdings zum Schuldenabbau entschlossen: Die Importe wurden in letzter Zeit deutlich eingeschränkt – auch das schmerzt die Bevölkerung in dem von Lebensmittelimporten abhängigen Land.

Daß Rafsandschani dennoch voraussichtlich nicht abgewählt wird, mag verwundern, denn die Schuld an den Schwierigkeiten kann er nun nicht mehr auf den Krieg schieben. Doch der allgemeine Unmut im Land richtet sich offenbar eher gegen den islamischen Klerus, der angeblich das Geld aus den Ölverkäufen selber einsteckt und so allenfalls die eigenen Finanzen saniert. Nicola Liebert