„Regierungen umgehen ihre Verpflichtungen“

■ Menschenrechtler kritisieren Konferenzabschluß / Resolutionen zu Bosnien und Angola

Genf (taz) – „Die Erklärung spiegelt die fortgesetzten Versuche der Regierungen wieder, ihre Verpflichtungen bei den Menschenrechten zu umgehen.“ Mit diesen Worten kritisierten die rund 1.400 nichtregierungsgebundenen Menschenrechtsorganisationen (NGOs), die an der gestern beendeten „Weltmenschenrechtskonferenz“ der UNO teilnahmen, die Abschlußerklärung der VertreterInnen von 180 Staaten. Die NGOs „bedauern, daß die Erklärung auf den Gebieten der Förderung, des Schutzes und der Erfüllung der Menschenrechte nicht deutlich genug“ sei. „Beschämend“ sei auch, daß die Regierungsvertreter zum Teil hinter verschlossenen Türen nur theoretisch debattiert hätten, ohne die vielen Verletzungen der Menschenrechte in der ganzen Welt mit Namen zu nennen. Von den Beratungen über den Text des offiziellen Schlußdokumentes waren die NGOs auf Druck von China, Kuba und einigen mittelamerikanischen Staaten ausgeschlossen worden.

Der Generalsekretär der deutschen Sektion von „amnesty“, Volkmar Deile, kritisierte gegenüber der taz, daß es nicht gelungen sei, die Instrumente zur Überwachung und Durchsetzung von Menschenrechten zu verbessern. Damit bleibe man auch nach dieser Konferenz „auf dem schon bisher bestehenden Standard“. Der Leiter der bundesdeutschen Delegation, Gerhard Baum, zog ein bescheidenes Resümee: Immerhin sei der „Versuch, die Menschenrechte abzuschwächen, nicht gelungen“. Dieses bezieht sich insbesondere auf die Bekräftigung der universellen Geltung der seit 1948 international vereinbarten Menschenrechtsnormen. Deren Verwässerung hatten viele westliche Diplomaten bis zu Beginn der Konferenz befürchtet.

Am Donnerstag abend war es Pakistan und Kenia gelungen, das bis dahin durchgehaltene Prinzip zu durchbrechen, wonach auf der offiziellen Konferenz keine konkreten Menschenrechtsverletzungen behandelt werden sollten. Mit 88 Stimmen bei 54 Enthaltungen und gegen das Votum Rußlands verurteilte die Konferenz die „serbische Aggression“ in Bosnien- Herzegowina und forderte eine Aufhebung des Waffenembargos gegen die bosnischen Muslime. Der serbisch-kroatische Dreiteilungsplan für Bosnien wird abgelehnt.

Während sich sämtliche westliche Staaten bei der Abstimmung enthielten, stimmte Österreich als einziges Land des Nordens für diese Resolution, wie zuvor schon für ihre Behandlung durch die Konferenz. Die Vertreter Chinas, Kubas, Mexikos und Nordkoreas nahmen trotz Anwesenheit im Saale an der Abstimmung nicht teil.

Im Konsens folgte die Konferenz auch einem Antrag Kenias, in dem ein sofortiger Waffenstillstand in Angola gefordert wird. Die Rebellenbewegung „Unita“ müsse „gezwungen werden“, das Ergebnis der demokratischen Wahlen von 1992 anzuerkennen. Die Befassung dieses Antrages hatten die meisten afrikanischen, südamerikanischen und islamischen Staaten sowie erneut Österreich bei Enthaltung der westlichen und osteuropäischen Länder durchgesetzt. Andreas Zumach