Asylgesetz „egal“

■ Ausländerpolizei sieht keine Änderung

Seit gestern gilt das neue Asylrecht — nur in Bremen hat es noch niemand zu Gesicht bekommen. Im Bundesgesetzblatt ist die neue Regelung nämlich bislang nicht veröffentlicht worden: schlechte Voraussetzung für die Arbeit der Gerichte und Anwälte. Und noch nicht einmal bei der Bremer Ausländerpolizei ist das neue Gesetz vorhanden: „Nein, wir haben hier nur den Entwurf“, bestätigte dessen Leiter, Dieter Trappmann, gestern auf Anfrage, „letztlich ist uns das aber auch egal, denn bei uns hat das neue Gesetz heute sowieso noch keine praktische Bedeutung, morgen auch nicht und womöglich sogar nie.“

An die im Gesetz vorgesehene „Zurückschiebung“ von Asylbewerbern in den „sicheren Drittstaat“, durch den sie in die Bundesrepublik eingereist sind, glaubt Trappmann nämlich nicht: „Es wird doch keiner so dumm sein, uns auf die Nase zu binden, über welches Land er eingereist ist.“ Schließlich kommen tatsächlich viele Flüchtlinge in geschlossenen LKW oder über die grüne Grenze ins Land und wissen nicht genau, auf welchem Weg. Und selbst wenn sie ihre Fluchtroute kennen, dürfte ihnen dies kaum nachzuweisen sein.

„Dazu kommt, daß die Fristen für die Zurückschiebung bei den meisten Drittstaaten so kurz sind, daß wir sie sowieso nicht einhalten können“, meint der Bremer Ausländerpolizei-Chef. Davon scheinen auch die Bundesbehörden auszugehen, die es noch nicht einmal für nötig befunden haben, die Bremer Polizei über das Abkommen mit Polen in Kenntnis zu setzen. Und selbst wenn doch einmal ein Asylbewerber angeben würde, z.B. über Holland eingereist zu sein, könnte es kaum zu einer „Zurückschiebung“ kommen. „Bei der Zahl unserer Streifenwagen werden wir doch die Asylbewerber nicht an die Grenze zurückfahren können“, meint Trappmann.

Fest steht für die Bremer Ausländerpolizei jedoch, daß man sich auf eine deutlich höhere Zahl von Abschiebungen einstellen muß. Dies sei allerdings unabhängig von den neuen Asylgesetzen und nur die Fortsetzung des bisherigen Trends: Während es im ersten Halbjahr 1992 erst 76 Abschiebungen aus Bremen gab, waren es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bereits 175.

Bremer Asyl-Anwälte befürchten, daß mit der gesetzlichen Neuregelung lediglich die Zahl der Verfahrensstreitigkeiten im Vorfeld zunehmen wird. „Das Bundesamt wird die Flüchtlinge in Zukunft zunächst nur noch nach ihrem Reiseweg befragen“, meint Anwalt Albert Timmer, „die eigentlichen Asylgründe kommen dann gar nicht mehr auf den Tisch.“ Ase