Eine europäische Premiere

■ Schwulen- und Lesbengruppe der EG-Institutionen / Positive Reaktionen

Berlin (taz) – „Egalité“ – so heißt die vor kurzem gegründete Gruppe von lesbischen und schwulen MitarbeiterInnen in den EG- Institutionen, die bereits weit mehr als 70 Mitglieder zählt. Damit hat sich nun zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Gemeinschaft eine gemeinsame Interessenvertretung von homosexuellen Mitgliedern des Personals aller EG-Behörden gegründet.

Der Name „Egalité“ ist zugleich Programm, er steht nicht nur für die seit der französischen Revolution erhobene Forderung nach Gleichheit, sondern bildet in englischer Sprache auch die Abkürzung für „Equality for Gay and Lesbians in their European Institutions“ (Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben in ihren Europäischen Institutionen). Die Gruppe will sich gegen alle Formen von Diskriminierungen einsetzen. Susie Jolly, Mitarbeiterin des Europäischen Parlaments, sagte in Straßburg: „Unser oberstes Ziel ist die Erlangung von gleichen Rechten im Beamtenstatut. Verheirateten heterosexuellen Beamten und ihren Ehegatten werden Privilegien zugestanden, die man uns und unseren Partnern verweigert. Wir wollen deshalb die Gleichbehandlung aller auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaften erreichen.“

Die ersten Reaktionen einiger EG-Kommissare waren sehr positiv. Der Vizepräsident der EG- Kommission, Karel van Miert, erklärte, er sei im allgemeinen gegenüber speziellen Interessengruppen der EG-Mitarbeiter zurückhaltend. Im Falle von „Egalité“ sei die Lage jedoch anders, weil dieser Gruppe „in ihrem Bemühen, sich gegen Diskriminierungen einzusetzen, eine wichtige aufklärerische Funktion zukommt“. EG-Kommissar Bruce Millan ging sogar noch weiter und versprach, sich innerhalb der Kommissionen dafür einzusetzen, daß bei Antidiskriminierungsregelungen der Kommission auch der Begriff der „sexuellen Orientierung“ mit eingeschlossen werde.

Auch mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments sagten ihre Unterstützung für die neue Gruppe zu, darunter die britische Abgeordnete Mel Read. „Wir müssen uns mal vergegenwärtigen“, meint sie, „daß die Anzahl von Schwulen und Lesben, die in der EG leben, genauso hoch ist wie die Einwohnerzahl von Griechenland. DIe Diskriminierung Homosexueller in der Arbeitswelt und vielen anderen Bereichen ist durch wissenschaftliche Untersuchungen und natürlich durch die persönlichen Erfahrungen der Betroffenen belegt.“

„Wir hatten zunächst nicht mit diesem Erfolg gerechnet“, gibt Sprecherin Susie Jolly zu. „Fast jeden Tag bekommen wir neue Anfragen. Ich glaube, daß wir in einigen Wochen mehr als hundert Mitglieder haben werden. Unsere Gruppe soll auch ein Vorbild für andere Arbeitgeber sein und Ansporn für Lesben und Schwule überall in Europa, ihre Rechte einzufordern.“ Thomas F.Kramer

Kontakt: Matthias Höppner, Rat der Europäischen Gemeinschaften, CH 5/44, Rue de la Loi 170, B-1048 Brüssel, Telefon: 0032-2-234 68 61.