DVU-Geld wurde nicht gesperrt

■ Rechtswidriger Griff in die Fraktionskasse bisher ohne Folgen / Bürgerschaftspräsident: „Rechtslage prüfen“

Die Bremer DVU-Bürgerschaftsabgeordneten haben, als wären sie nicht gerade bei ihrem Griff in die Fraktionskasse erwischt worden, für den August die normalen Gelder aus dem Fraktionstopf überwiesen bekommen. Dies erklärte gestern Bürgerschaftspräsident Dr. Klink.

Zwar geht Klink davon aus, daß die Selbstbedienung der DVU-Abgeordneten „rechtswidrig“ war, bevor er Konsequenzen zieht, will er aber noch rechtlich prüfen lassen, ob die Bürgerschaft der „Gruppe der DVU“ das Geld abziehen kann, das die Fraktion der DVU unrechtmäßig in die Tasche der eigenen Abgeordneten wirtschaftete. Und diese rechtliche Prüfung war offenbar in den vergangenen 14 Tagen nicht möglich. Die Abgeordneten der Rechtspartei, die im Wahlkampf lautstark gegen die Selbstbedienung der „Politbonzen von den etablierten Parteien“ polemisierten, lassen sich derweil keinerlei Skrupel wegen ihres Verhaltens anmerken.

Zum Hintergrund: Zusätzlich zu den Diäten hatten sich die DVU-Abgeordneten im Beisein ihres großen Vorsitzenden Gerhard Frey aus München zu Beginn der Legislaturperoide einen „Sicherheitszuschlag“ von 20 Prozent der Diäten bewilligt; sie kassierten also statt 4035 Mark allein 4842 Mark an Diäten jeden Monat, dazu kommen die üblichen Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen.

Nachdem die taz diesen Sachverhalt am 17. Juli öffentlich gemacht hatte, verlangte Parlamentspräsident Klink mit Frist bis Ende Juli von der DVU-Fraktionsvorsitzenden Marion Blohm eine offizielle Erklärung. Aber die DVU schwieg zu dem Sachverhalt. Auch der DVU-Vizevorsitzende Weidenbach konnte gestern gegenüber der taz nicht sagen, wie die DVU den Vorgang rechtfertigen will.

Für Klink ist dabei klar: „Die Auszahlung einer 'Sicherheitszulage' ist rechtswidrig.“ Und: Die „Gruppe der DVU“, so nennen sich die nach dem Austritt des Abgeordneten Nennstiel übrig gebliebenen vier DVU-Abgeordneten, sind Rechtsnachfolger der DVU- Fraktion. Klink hat aber der DVU ihre August-Gelder noch überwiesen — bevor er entscheidet, will er prüfen lassen, ob die Bürgerschaft die unrechtmäßig verausgabten Fraktionszuschüsse über eine Kürzung der Gruppen-Bezüge zurückverlangen kann.

Auch der Rechnungshof hatte sich für die „Sicherheitszulage“ in den DVU-Fraktionsfinanzen interessiert und um Einblick in die Unterlagen für 1992 gebeten. Dem Rechnungshof will DVU-Anwalt Roemer im Verlaufe dieser Wochen schreiben, von einer Fristsetzung der Bürgerschaft war ihm nichts präsent. Anwalt Roemer deutete den Tenor seines Schreibens gegenüber der taz so an: Es handele sich um „Minimalbeträge“ im Vergleich zu dem, was andere Fraktionen sich auszahlen. Fraktionsvorsitzende etwa bekommen einen höheren Diäten-Satz, die DVU verzichtete darauf. Also, so DVU-Anwalt Roemer, alles „halb so wild“. Zu dem Unterschied, daß die Funktionszulagen rechtmäßig und die „Sicherheitszulage“ womöglich rechtswidrig, wird er schriftlich Stellung nehmen müssen.

Peinlich muß der DVU der Griff in die Fraktionskasse sein, weil sie sich selbst gern als die Partei darstellt, die die Bonzen kontrolliert. So heißt es in dem Sitzungs-Protokoll vom 30.1.92, im dem die „Sicherheitszulage“ beschlossen wurde, gleichzeitig: „In unserem gesamten Erscheinungsbild müssen wir uns klar von den Etablierten unterscheiden. Niemals dürfe der Eindruck entstehen, wir seien ebenso unglaubwürdig wie die anderen.“ K.W.