Unterm Strich

Wenn das kein Timing ist, am Ende gar eine konzertierte Aktion: Rechtzeitig zum Beginn der Buchmesse hat die Stiftung Lesen drei aus Funk und Fernsehen bekannte Volksschauspieler, nämlich die ständigen Mitglieder des Literarischen Quartetts Reich-Ranicki, Löffler und Karasek mit dem Kulturpreis „Auslese“ geehrt (mit einem Kaffee- oder einem Wein- Präsent verbunden?). Der Erfolg der Sendung liegt nach Auffassung der Stiftungs-Juroren in der persönlichen Note der Quartett-Gespräche. Zu den Rennern der Buchmesse gehören indes neuesten Meldungen zufolge weniger von echten Schriftstellern auf die persönliche Tour vollgeschriebene Bücher (Romane, Autobiographien, Jedichtbände, Jesamtausgaben etc.), sondern elektronische Nachschlagewerke. Enorm platzsparend sind z.B. jetzt sämtliche Telefonbücher der Republik inklusive Neubundesländern für den professionellen Telefoneur wie auch den Liebhaber zu Hause unterzubringen: bloß 3 CD-Rom-Scheiben benötigt's. Für 1.600 Mark gibt es schon den dudengroßen Apple „Newton“, der auf Fütterung mit Plastikkarten nicht nur Stadtpläne et. al. flugs abbildet, auch nicht nur blitzschnell das richtige Wort, etwa „noodle soup“ in der angewählten Fremdsprache aufruft, sondern selbiges sogar in allen Lebenslagen auch noch ausspricht!

Etwas abseits solch bahnbrechender Neuerungen, in Paris nämlich, haben 100 Intellektuelle aus arabischen und islamischen Ländern (darunter der Libanese Adonis und der Marokkaner Mohammad Benis) Texte für ein Buch mit dem Titel „Für Rushdie“ zur Verfügung gestellt. Im Vorwort sprechen die ungenannt gebliebenen Initiatoren von einem „beachtlichen Erfolg“. Nur etwa 20 der Kontaktierten hätten abgelehnt, es habe nur „ein oder zwei Dispute“ gegeben. Der iranische Schriftsteller Fereydun Hoveida ist einer der Autoren, die zwar „schockiert“ auf die „Satanischen Verse“ reagierten, aber dennoch feststellte: „Das letzte Mal wurden Schriftsteller im Mittelalter verbrannt.“ Der iranische Ayatollah Djalal Gangjeih spricht dem Todesurteil jeglichen Wert ab. Es habe vor den Gesetzen des Islam keinen Bestand.

Unter dem Motto „Rebellion ist gerechtfertigt – 100 Jahre Mao Tsetung“ trifft sich die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) anläßlich des Geburtstags des Großen Vorsitzenden im 26. Dezember in Bottrop. Schon im Vorfeld, nämlich am 6. November, wird das Zentralkomitee der MLDP zu einer großen Festveranstaltung aufrufen. Im Mittelpunkt steht eine programmatische Rede des MLDP-Vorsitzenden Stefan Engel zum „Vermächtnis Mao Tsetungs in unserer Zeit“.

Gerade erreicht uns eine Meldung des „Tierschutzverein für Berlin u.U. Corp. Tierheim Lankwitz“, die wir, wo ohnehin schon bei der Minderheitenberichterstattung angelangt, auf keinen Fall für uns behalten

dürfen. Eingeladen wird nämlich für heute, 11 Uhr (das können Sie gerade noch schaffen!) ins Berliner ICC, Zimmer 26, wo Dr. Leo Liebermann aus Florida/USA, „eine Kapazität auf dem Gebiet der vorpubertären Kastration von Katzen“, zum Thema „Kastration von Katzen – Nicht warten, bis es zu spät ist!“ sprechen wird. Der Tierschutzverein stimmt mit Liebermann dahingehend überein, daß „die frühe (also nicht wie bisher üblich nach Erreichen der Geschlechtsreife) Kastration von Katzen die einzige Möglichkeit ist, dem Elend freilebender, verwilderter Katzen zu begegnen. Aus tausendfacher Erfahrung wissen wir, daß jede unkastrierte Katze Mutter einer riesigen Katzengroßfamilie werden kann – und meistens auch wird!“ Interessenten bitte beachten, „daß Dr. Liebermann kein Deutsch spricht und ein bißchen schwerhörig ist“. Er spricht aber dafür „sehr langsam und deutlich, so daß Sie auch mit normalem Schulenglisch seinen Ausführungen folgen können“.