Im Visier des VPM: Christdemokraten

Der umstrittene „Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ versucht, mit seinen Berliner Ablegern in die CDU und ihre Nachwuchsorganisationen hineinzudrängen  ■ Von Severin Weiland

Es sei „bitter“, daß die Junge Union (JU) in Berlin dem „Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ (VPM) keine Absage erteilt habe, beklagt Alex Mänz, Sprecher der JU-Deutschland, den Ausgang der jüngsten Landeskonferenz des christdemokratischen Nachwuchses. Mit großer Mehrheit hatten am 17. Oktober die Delegierten einen von Reformern eingebrachten Dringlichkeitsantrag abgelehnt, der die Unvereinbarkeit einer JU-Mitgliedschaft in dem VPM oder einer seiner Tarnorganisationen festlegen sollte. Die Sorge der JU-Liberalen: Der von Kritikern als „rechte Psychosekte“ bezeichnete VPM könnte den CDU-Nachwuchs unterwandern. In Teilen des christdemokratischen Lagers scheint dem VPM, der sich in Berlin „Gesellschaft zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ (GFPM) nennt und mit dem „Arbeitskreis für ein qualifiziertes Studium“ (AQS) an FU und TU über einen studentischen Ableger verfügt, dies schon gelungen zu sein. So verzeichnet der Kreisverband Charlottenburg, der größte innerhalb der JU, bereits zwei AQS-Mitglieder. Der stellvertretende JU- Landesvorsitzende Martin Cronenberg (28), von Beruf Immobilienmakler, kann die Aufregung nicht verstehen: „Einer der beiden ist schon wieder ausgetreten. Außerdem: Ich habe Mitglieder vom VPM kennengelernt und kann nicht erkennen, daß sie oder ihre Ansichten gefährlich sind.“ Er sehe in der Lehre des VPM eine „wissenschaftliche Ausrichtung“, ihr „angebliches negatives Menschenbild“ müsse man ihm erst einmal nachweisen.

Das Ziel von Bundesfrauen- und -jugendministerin Angela Merkel (CDU), den VPM in den Sektenbericht der Bundesregierung aufzunehmen, hält Cronenberg für falsch: „Was Frau Merkel nicht in den Kram paßt, wird gleich weggeputzt – das ist ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis.“ Derzeit liegt der VPM mit Merkels Ministerium im Rechtsstreit. Mit einer einstweiligen Verfügung vor dem Verwaltungsgericht in Köln versucht der Verein, aus dem Sektenbericht der Bundesregierung gestrichen zu werden. Trotz massiven Drucks verteidigt das Bundesministerium für Frauen und Jugend die Aufnahme in die Broschüre. In einem internen Vermerk, so berichtete die Frankfurter Rundschau, sehe das Ministerium im Fall des VPM alle Merkmale einer Sekte erfüllt: Absolutheitsanspruch, Heilslehre, autoritäre Struktur und eine Führungsperson an der Spitze. Auch die Sektenbroschüre der JU- Deutschland geriet in der Vergangenheit ins Visier der obskuren Psychologen. Man habe sich jedoch nicht dem VPM gebeugt, erzählt Pressesprecher Mänz. Mittlerweile ist die JU-Broschüre mit dem kritischen VPM-Bericht in dritter Auflage erschienen.

Nicht nur bei der JU sind die VPM-Anhänger in der Vergangenheit vorstellig geworden. So suchten AQS-Mitglieder in Berlin Kontakt mit dem „Ring Christlich-Demokratischer Studenten“ (RCDS) der CDU. Ferdinand Schuster (26), der bis März dieses Jahres Referent im RCDS-Bundesvorstand war, kann sich noch gut an die Annäherungsversuche der AQSler erinnern. Zwischen sieben und zehn Personen seien im Sommer vergangenen Jahres regelmäßig auf mehreren Versammlungen des RCDS an der FU aufgetaucht, so der Student der Betriebswirtschaften: „Die haben sich nie offen zum VPM bekannt, sondern immer gesagt, daß sie nur deren Schulungen besuchten.“ Als jedoch bei einer Grundsatzdebatte über die Rolle der Wissenschaft die AQS-Studenten stets von „letztgültigen Wahrheiten“ gesprochen hätten, sei ihnen aufgegangen, „mit wem wir es zu tun hatten“. Schuster hält sich zugute, den „massiven Unterwanderungsversuch“ des VPM-Ablegers abgewehrt zu haben. Zumindest seien seit Herbst letzten Jahres die AQS-Studenten weder beim RCDS der FU noch der TU gesichtet worden. Nicht überall stießen die VPM-Anhänger auf christdemokratischen Granit. Im Frühjahr 1993 wurden vier VPM-Mitglieder in den Ortsverband Nord der CDU-Wilmersdorf aufgenommen. Unter den neuen Parteifreunden war auch ein mittlerweile stadtbekanntes VPM/GFPM-Mitglied: Wilhelm Spatz, Regierungsdirektor in der Innenverwaltung des Senats. Als Verfahrensbevollmächtigter der GFPM hatte er unter anderem gegen eine Kritikerin einer anderen Senatsverwaltung zu klagen versucht und einen FU-Professor gedrängt, ein Tutorium über Sekten abzusagen. Die Aufnahme der vier VPM-Mitglieder sorgte in der JU Wilmersdorf für Aufregung. Peer Mock (26), ehemaliges Mitglied des JU-Landesvorstandes, versuchte daraufhin im Mai auf dem Kreisparteitag der CDU Wilmersdorf, einen Unvereinbarkeitsbeschluß herbeizuführen. Nur ein Teilerfolg war ihm beschieden. Nach „harter, kämpferischer Debatte“, so Mock, hätten sich die Delegierten lediglich zu einem „Abgrenzungsbeschluß“ gegenüber VPM und GFPM und deren Tarnorganisationen durchgerungen. Zudem verpflichtete sich der Kreisverband, künftig keine neuen VPM/GFPM-Mitglieder mehr aufzunehmen. Daß der Beitritt der VPM-Mitglieder das Klima in der CDU Wilmersdorf nachhaltig verändert hat, spürte Mock schon auf dem Kreisparteitag. Während seiner Rede über die VPM habe er sich „Wort für Wort“ an sein zuvor juristisch abgesichertes Redemanuskript gehalten. Das sei schließlich nicht weiter verwunderlich bei einer Organisation wie dem VPM, der „den Klageweg als normales Kommunikationsmittel erachtet“.