USA und EU: Stur bis zur Gattastrophe?

■ Der Poker um das Welthandelsabkommen geht munter weiter / Frist für Einigung verlängert

Genf (taz) – Der Gatt-Poker geht weiter. Als die vom Generalsekretär des „Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens“, Peter Sutherland, letzte Woche gesetzte Frist für die Fertigstellung des Abkommens zur Liberalisierung des Welthandels Sonntag um Mitternacht auslief, gab es noch nicht einmal Anzeichen für einen Durchbruch. Statt dessen mehrten sich in Genf Hinweise, daß auch das seit Monaten unter allen 112 Gatt-Staaten vereinbarte Datum für den Abschluß der Verhandlungen, der 15. Dezember, zumindest bis zum nächsten Wochenende hinausgeschoben wird. Am Mittwoch läuft das vom US- Kongreß erteilte Verhandlungsmandat der Clinton-Administration aus.

Trotz eines dramatischen Appells, mit dem Sutherland gestern mittag die USA und die EU aufforderte, ihre diversen bilateralen Kontroversen „endlich beizulegen und die multilateralen Verhandlungen nicht weiter zu blockieren“, gab es weder bei den zwischen Washington und Brüssel umstrittenen Subventionen für die Luftfahrt noch im Bereich Film/Fernsehen/Video einen Durchbruch. Am Sonntag abend flog EU-Chefunterhändler Leon Brittain nach Brüssel, wo er heute morgen mit den zwölf Außenministern konferieren will. In Tokio tagt ebenfalls heute morgen das Kabinett und wird nach Aussagen des am Wochenende kurzzeitig in Genf weilenden Außenministers Tsutomu Hatu endgültig über das japanische Gatt-Angebot zur Öffnung des heimischen Reismarktes für ausländische Importe bis zum Jahr 2000 entscheiden. Die Forderungen der USA, der EU und Kanadas nach weiterer Öffnung des japanischen Finanzdienstleistungsmarktes lehnte Außenminister Hatu am Samstag ab.

Selbst wenn die bi- und trilateralen Konflikte zwischen den nördlichen Wirtschaftsblöcken in den nächsten Stunden und Tagen gelöst werden sollten, bleiben noch einige dicke Brocken. Die von US- Chefunterhändler Mickey Kantor gestern morgen bekräftigte Forderung Washingtons, im Bereich der Dienstleistungen beim Prinzip der Meistbegünstigung zu bleiben und nicht allen anderen 111 Gatt- Staaten denselben Zugang zum US-Markt zu gewähren, wird vor allem bei den südostasiatischen Schwellenländern, aber auch von Brasilien oder Indien entschieden abgelehnt. Bleiben die USA hier hart, sind alle bislang im Dienstleistungsbereich erzielten Vereinbarungen hinfällig und das ganze Gatt-Abkommen dürfte platzen. Völlig isoliert ist Washington auch mit seinem Ruf nach weitgehenden Anti- Dumpingmaßnahmen, die sich besonders gegen Textilimporte aus Asien richten, sowie mit seiner Forderung, in den USA ansässige Tochterfirmen ausländischer Unternehmen außerhalb der Gatt-Regeln mit Sondersteuern belegen zu dürfen. Andreas Zumach

Siehe auch Tagesthema Seite 3