Santa Fu, ein tödlicher Kreislauf

Hat die Kripo nach dem Tod des Santa-Fu-Strafgefangenen Andreas H. im November schlampig ermittelt? Handelte es sich in Wirklichkeit nicht um eine Selbsttötung, sondern um Mord? Dies legt eine gestern veröffentlichte Kleine Anfrage des GAL-Bürgerschaftsabgeordneten Manfred Mahr nahe.

Der 31jährige Drogenabhängige, der wegen Dealerei eine Freiheitsstrafe verbüßte, war am 26. November erhängt in seiner Zelle aufgefunden worden. Suizid, hieß es in einer Presseverlautbarung der Justizbehörde. Erst durch Nachfrage in einer ersten GAL-Anfrage wurde öffentlich bekannt, daß die Hände des Toten gefesselt waren. „Der Tod eines Kleindealers“, so Manfred Mahr, „wird offensichtlich nicht so wichtig genommen wie der eines Normalbürgers“.

So seien die Ermittlungen ausschließlich auf die Selbstmordhypothese ausgerichtet gewesen. Ein Mitgefangener, der – angeblich auf Wunsch von Hasenknopf – die Tür von außen mit einem Vorhängeschloß verschlossen hat und somit als letzter am Tatort war, sei weder von der Mordkommission noch von dem nachermittelnden Kripo-Beamten verhört worden. Auch sei der Obduktionsbericht auf dem Weg zur Staatsanwaltschaft verlorengegangen und anschließend von dem Gerichtsmediziner aus dem Gedächtnis nochmal aufgeschrieben worden. Die noch blutenden frischen Einstichstellen an der rechten Hand des Verstorbenen seien nicht untersucht worden. Dies sei aber wichtig: unter Drogeneinfluß wäre die komplizierte Handlung einer Selbstfesselung mit anschließender Selbsterhängung kaum zu bewältigen.

Laut Kripo-Theorie hat sich der Gefangene selbst die Hände gebunden, um eine Fremdtat vorzutäuschen. Warum aber wurde dann weder die Handfesselung analysiert noch der Knoten, fragt Mahr. Am auffälligsten seien die widersprüchlichen Zeugenaussagen der Personen, die den Toten in seiner Zelle entdeckten. Zwei Mitgefangene sagen aus, sie hätten keine Handfesseln bemerkt. Zwei Vollzugsbeamte, die fast zeitgleich am Tatort erschienen, hatten zu Protokoll gegeben, daß sie die mit einem Nylonband „verhältnismäßig eng“ gefesselten Hände mit einem Dienstmesser durchtrennt haben.

Für Mahr, der selber Polizei-Beamter ist, spricht einiges dafür, daß H. exekutiert wurde: hatte er doch Freunde außerhalb der Anstalt wegen seiner „bedrohlichen Situation“ dringend um die Begleichung seiner Drogenschulden gebeten. Mahr: „Ist dem Senat bekannt, daß am Tag der Tat am S-Bahnhof Altona in seinem Auftrag eine Geldübergabe erfolgen sollte?“

Andreas H. wäre nach einem Monat entlassen worden, um eine Therapie zu beginnen, einen Platz dafür hatte er sicher. Dieser Fall mache deutlich, daß Drogenabhängige mit einer derart kurzen Freiheitsheitstrafe in einer Anstalt wie Santa Fu nichts zu suchen haben, sagt GAL-Referent Peter Mecklenburg: „Die werden da nur weggeschlossen und kommen in einen tödlichen Kreislauf.“ Kaija Kutter