■ Der Berliner Blaumeisenschlächter wehrt sich:
: „Ich bin Opfer einer Intrige“

Am Dienstag, den 8. Februar berichtete Claudia Schandt über den Künstler Wolfgang Müller (36), der als Nebenerwerb an den Fenstern seiner Wohnung in Kreuzberg Blaumeisen für italienische Feinkostgeschäfte züchtet. Klaus Laufer fragte nach:

taz: Vogelfreunde protestieren wegen Ihrer Herzlosigkeit, Blaumeisen für ein paar Mark an italienische Feinkostgeschäfte zu verkaufen.

Müller: Ich bin Opfer einer Intrige. Nie würde ich so etwas Gemeines tun!

So? Und was ist das für ein Kasten an Ihrem Fenster? Sind das etwa keine Blaumeisen, die gerade an einem Meisenknödel knabbern?

Ich züchte lediglich für den Park um das Künstlerhaus Bethanien und nicht für den Kochtopf einer mediterranen Spezialitätenküche. Meine Vögel können sich nach dem Ausschlüpfen frei bewegen und werden nicht geschlachtet.

Wer könnte Interesse daran haben, Sie als Blaumeisenkiller zu denunzieren?

Keine Ahnung. Vielleicht hat das mit meinem Leserbrief zu tun, den ich vor einigen Wochen an die Berliner Zeitung schrieb. Ich hatte mich über die äußerst kümmerlichen ornithologischen Kenntnisse der Kulturredaktion beklagt.

Können Sie das präzisieren?

Es gab da eine Besprechung über ein Konzert des Sängers Klaus Hoffmann mit der Überschrift: „Singvögel im Schneegestöber“. Ferner hieß es: „Nach Süden sind sie gezogen, die Rotkehlchen, Blaumeisen und Grünfinken. Nur die schwarzen Krähen sind noch da...“

Das ist doch eine schöne Metapher.

Blödsinn ist das! Blaumeisen, Grünfinken und Rotkehlchen sind allesamt Standvögel und bleiben im Winter hier. Nur die Krähen ziehen aus dem hohen Norden im Winter hierher, sind also Zugvögel.

Und Sie vermuten, der Autor von „Singvogel im Schneegestöber“ hat Sie wegen Ihres Leserbriefs als Meisenschlächter denunzieren wollen?

Möglicherweise. Das Ganze könnte aber auch von Klaus Hoffmann, seiner Agentur oder einem seiner Fans kommen. Hoffmann war in dem Text der Berliner Zeitung Metapher und wurde als „Singvogel, der den Zug in die warmen Länder verpaßt hat“, bezeichnet.

In meinem Leserbrief schrieb ich nach der Richtigstellung über Stand- und Zugvögel: „Was Klaus Hoffmann betrifft, so ist mir egal, ob er nach seinen Konzerten hierbleibt oder wegfliegt.“

Haben Sie einen Beweis für Ihren Verdacht?

Der taz-Artikel „Blaumeisen für Feinkostgeschäfte“ ist zwar von gewissen ornithologischen Kenntnissen geprägt, aber an einer Stelle nicht: Es ist nicht möglich, mehrere Kästen für Blaumeisen nebeneinander zu hängen, da diese Vögel ein gewisses Revier beanspruchen und jede Meise vertreiben würden, die ihren Nistplätzen näher als einige Meter kommt.

Vielen Dank für das Gespräch. Interview: Klaus Laufer