Verkehr: Bei Bauherren darf abkassiert werden

■ Grüne veröffentlichen Gutachten, das Nahverkehrsabgabe empfiehlt / Volle Abfuhr für Nagels „versteckte Subventionen“ in Millionenhöhe für Daimler-Benz

Das Land Berlin kann Bauherren für Investitionen beim öffentlichen Nahverkehr zur Kasse bitten. Ein Gutachten von TU-Professor Gerd Schmidt-Eichstaedt veröffentlichte gestern die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Schmidt- Eichstaedt schlägt vor, daß die sogenannte Stellplatzpflicht, die Investoren zum Bau von Parkplätzen für Autos verpflichtet, entsprechend geändert wird. Bislang müssen Investoren eine Art Strafe zahlen, wenn sie die in Abhängigkeit von der Größe der jeweiligen Wohn-, Büro- und Gewerbegebäude festgelegte Zahl an Parkplätzen nicht realisieren. Statt der Stellplatzabgabe dürfe Berlin eine Nahverkehrsabgabe erheben, die zweckgebunden ausgegeben werden muß.

Mit dem Gutachten, das der Senat in Auftrag gegeben haben soll, erhält Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) eine klare Abfuhr. Denn der Gutachter empfiehlt ausdrücklich die Koppelung der Nahverkehrsabgabe an die Zahl nicht gebauter Stellplätze. Alle rechtlichen Probleme würden vermieden werden, schreibt Schmidt-Eichstaedt. Nagel hatte sich in der Vergangenheit dagegen für ein gesondertes Gesetz ausgesprochen, das laut Gutachter „die Rechtmäßigkeit einer Abgabe auf das äußerste gefährdet“. Im vergangenen Jahr hatte Nagel die Bezirke angewiesen, Gebühren von insgesamt 150 Millionen Mark nicht mehr zu erheben, weil eine rückwirkende Gesetzesänderung zu erwarten sei. Sollte Nagel sich nicht durchsetzen, müssen die Bauherren den Betrag nachzahlen.

Die Grünen hatten Nagel damals kritisiert, weil er mit dem Verzicht auf die Stellplatzabgabe Unternehmen „versteckt subventioniere“. Allein am Potsdamer Platz würden dem Land Berlin 300 Millionen Mark verlorengehen. Michael Cramer und Elisabeth Ziemer, verkehrs- und baupolitische Sprecher der Frakion, erwarteten gestern, daß sich Nagel im Senat nicht mehr durchsetzen werde. Finanz- und Stadtentwicklungssenator seien gegen einen ersatzlosen Wegfall der Stellplatzabgabe. Der Rat der Bezirksbürgermeister habe Nagels Vorstoß bereits abgelehnt. Dirk Wildt