Grüne und Haiders FPÖ legen zu

■ Verluste für Volksparteien bei den Landtagswahlen in Österreich / Erstmals Grüne in einer Landesregierung

Wien (taz) – „Jörgl, Jörgl!“ skandierte die Menge am Alten Platz in der Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt nach der Schlußveranstaltung Jörg Haiders am vergangenen Samstag. „Chef“, hatte der rechtsradikale Führer der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) seinen Fans zugerufen, „muß nach dem 13. März wieder ein anderer werden. Der Chef muß wieder Jörg Haider heißen!“

Bei den Landtagswahlen am Sonntag konnte seine FPÖ in Kärnten 4,3 Prozentpunkte zulegen, hält nun 33,3 Prozent der Stimmen und ist damit hinter den Sozialdemokraten zweitstärkste Partei in Kärnten. Die SPÖ kam dort nur auf 37,4 Prozent, das sind 8,5 Prozentpunkte weniger als 1989. Schon zog der SPÖ-Vorsitzende Peter Ambrozy die Konsequenzen und trat zurück. Um das Amt des Landeshauptmannes, des Ministerpräsidenten also, wird sich als sein Nachfolger der jetzige Bundesgesundheitsminister Michael Ausserwinkler bewerben. Dennoch: Haider hat in Kärnten zwar viel gewonnen, sein Ziel aber wird er nicht erreichen: Die SPÖ weigert sich beharrlich, mit dem rechten Verbalrabauken und Neopopulisten zu koalieren, und die Volkspartei signalisierte ebenfalls Ablehnung. Alle drei im Kärntner Landtag vertretenen Parteien, also die Sozialdemokraten, die Volkspartei und die Haider-Freiheitlichen, melden nun nach der Wahl ihren Anspruch auf den Landeshauptmann-Sessel an: Die Volkspartei verfügt über den überaus populären Kandidaten Christof Zernatto, der sich nach der Abwahl Haiders 1989 als Landeshauptmann positionieren konnte. Die Sozialdemokraten haben zwar die verheerendste Wahlniederlage in diesem Bundesland seit dem Bestehen der II. Republik erlitten, sind aber nach wie vor stimmenstärkste Partei.

Auch in Tirol und Salzburg mußten die großen Parteien Einbußen hinnehmen, ohne daß sich aber Wesentliches geändert hätte. In Salzburg liegt mit 38,6 Prozent weiterhin die konservative Volkspartei ÖVP vorn, gefolgt von der SPÖ mit 27,1 Prozent. In Tirol führt ebenfalls die ÖVP mit 47,3 Prozent vor der SPÖ mit 19,9. Neuheit dort: Die Grünen werden einen Sitz in der Landesregierung übernehmen – erstmalig in Österreich. Haiders FPÖ konnte zwar auch in diesen beiden Bundesländern zulegen, es zeigte sich aber, daß sie nur in Kärnten wirklich stark ist, wo Haider persönlich angetreten war.

Den Landtagswahlen vom Sonntag wurde überregionale Bedeutung beigemessen, denn im Oktober finden Nationalratswahlen statt, und wenn Brüssel mitspielt, soll im Juni eine Volksabstimmung zum EU-Beitritt Österreichs stattfinden. Die Wahlergebnisse von Tirol und Salzburg wurden nicht zuletzt unter diesem Gesichtspunkt analysiert: Es zeigt sich, daß das verhältnismäßig gute Abschneiden des Tiroler Landeshauptmanns Wendelin Weingärtner (ÖVP) nicht zuletzt seiner Taktik zu danken ist, kurz vor den Wahlen EU- kritische Töne anzuschlagen. Die Grünen, die sich im Wahlkampf besonders des Themas Alpentransit und der Zweitwohnsitzfrage angenommen hatten, schnitten in beiden Bundesländern – Tirol und Salzburg –, die davon besonders betroffen sind, außerordentlich gut ab. Und obwohl ein Trend zu erkennen ist, daß in allen drei Bundesländern mit EU-feindlichen Parolen durchaus Punkte zu machen waren, bezweifeln Meinungsforscher dennoch, daß die Landtagswahlen tatsächlich als „Test“ für den Ausgang eines EU-Referendums angesehen werden können. Thomas Seifert