Wächterin für die Frauen der Welt

■ Tagung zu weltweiten Menschenrechtsverletzungen an Frauen: „Sollen wir auf 500 Jahre Entwicklung warten?“

Der Friede ist keine Sache, die nur unterschrieben wird. Er muß gelebt werden – ebenso wie die Frauenrechte, so forderte die palästinensische Menschenrechtlerin Sumaya Farhat-Naser bei der Tagung „Frauenrecht als Menschenrecht“.

Der Einladung der Evangelischen Akademie Loccum in dieser Woche waren Vertreterinnen von Frauenorganisationen aus Afrika, Indien, Palästina und Deutschland gefolgt. Sie sprachen sich für ein professionelles Vorgehen bei der Durchsetzung von Frauenrechten aus. Wie dies gelingen könnte, darüber waren sich die Referentinnen aber uneins.

Nach Ansicht von Heidemarie Wünsche-Pietzka vom Deutschen Frauenrat dürfen Menschen- und Frauenrechte in internationalen Gremien nicht länger separat diskutiert werden. Die Entscheidung der Vereinten Nationen, eine Sonderberichterstatterin für Menschenrechtsverletzungen an Frauen einzusetzen, bezeichnete sie als „ersten richtigen Schritt“. „Was – nur eine Frau für die ganze Welt?“ merkte dagegen Saba Khabirpour von der BAHA'f Gemeinde, eine verfolgte religiöse Minderheit im Iran, an. Den 100 Millionen Frauen und Mädchen, die in den vergangenen Jahrzehnten nach Mißhandlungen und Folter gestorben sind, nutzten die abstrakt formulierten Frauenrechten auf dem Papier nichts. Die meisten Opfer sind übrigens Frauen aus Asien und Afrika.

Die Ethnologin Shalini Randeria berichtete über die Folgen der sogenannten „Familienplanung“ in Indien: „Frauen werden in diesen Programmen ausschließlich über ihren Körper definiert und physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt“. So werde jeder Eingriff, egal ob er Geburten fördern oder verhindern soll, zu Gewalt gegen Frauen. 90 Prozent der Geburtenkontrolle in Indien laufen über Sterilisation und Impfung – eine in Europa selten angewandte Methode. Seit zwei Jahren würden indische Frauen zum Beispiel ohne ihr Wissen bei Cholera und Typhus mit einem Serum gegen Schwangerschaft geimpft, obwohl über die Nebenwirkungen noch nichts bekannt sei.

Wie stark und oft zu Unrecht das kulturelle und religiöse Erbe herangezogen wird, wenn es gilt, verfestigte patriarchale Machtpositionen zu erhalten, machte die ägyptische Publizistin Cherifa Magdi deutlich. Wenn es um Frauenrechte gehe, würden Kultur, Tradition und Authentizität angeführt. So habe Saudi-Arabien die Menschenrechtsdeklaration erst gar nicht ratifiziert – mit der Argumentation, die Vorstellung von individueller Freiheit und Autonomie gegenüber dem Staat sei eine fremde, westliche Vorstellung. Dazu Cherifa Magdi: „Sollen die Oppositionellen, die Frauen, die Kinder warten, bis 500 Jahre nachgeholt worden sind?“ Nada Nangia