Deutsche Waffenhilfe wider besseres Wissen

■ Wieder Militärgüter an die Türkei / Einsatz gegen Kurden „unbewiesen“

Bonn/Berlin (taz) – Eine Armee führt Krieg im eigenen Land. Eine Armee bekommt Waffen geschenkt. Setzt die Armee diese Waffen in diesem Krieg ein? „Ach i wo“, lautet die Antwort aus dem Bonner Außenministerium – zumindest wenn es um die Türkei geht. Gestern erklärte Chefdiplomat Klaus Kinkel, die Bundesregierung habe beschlossen, die „in völkerrechtlichen Abkommen über Nato-Verteidigungshilfe, Materialhilfe und Rüstungssonderhilfe eingegangenen vereinbarten Lieferungen mit der Türkei wieder aufzunehmen“.

Die Auswertung von Fotos, die deutsche Waffen bei der türkischen Armee in Kurdistan zeigen, habe ergeben, daß „ein vertragswidriger Einsatz“ nicht bewiesen werden könne. Die am 7. April gestoppten Lieferungen würden fortgesetzt. Das Verteidigungsministerium kündigte an, die türkische Luftwaffe werde im laufenden Jahr mit 16 ausgemusterten Aufklärungsflugzeugen des Typs „Phantom F-4 F“ versorgt. Militärisches Gerät im Wert von knapp 70 Millionen Mark hat die Bundesregierung von 1992 bis 1994 den Waffenbrüdern am Bosporus versprochen, darunter kostenlos Schießkram aus NVA-Beständen im Wert von 1,5 Milliarden Mark. Zum wiederholten Male fotografierten und filmten MenschenrechtlerInnen Ende März solche Panzer und Militärfahrzeuge in Türkisch-Kurdistan. Nach Analyse von Ost- und Westspezialisten waren sie als „Made in GDR“ zu identifizieren. Denn bei der Übernahme der NVA-Bestände durch die Bundeswehr wurden diese auf West-Standard umgerüstet; sie bekamen Außenspiegel und Rücklichter, um der westdeutschen Straßenverkehrsordnung zu genügen, sowie das sogenannte Nato- Richtkreuz zum nächtlichen Kolonnefahren bei Standlicht.

Doch nachdem sich Spezialisten auf der Hardthöhe gute 14 Tage über den Bildern die Köpfe zerbrochen hatten, kamen sie zu der Erkenntnis, die Waffen könnten genausogut aus anderen Staaten stammen, die Umrüstung könne sonstwo geschehen sein. Zudem sei auf keinem der Bilder ein Fahrzeug „in Gefechtsposition oder in der Nähe von zerstörten Häusern zu sehen“. Über den Alltag in Kurdistan zeigt sich die Hardthöhe damit bestens informiert. taud